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Ukraine-Krieg

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Alter Schwede. Putinversteher im Eintracht-Forum. Ist mir schlecht.

Russischsprachige Städte (ich war u.a. mit in Kharkiv) werden in Schutt und Asche gelegt, Krankenhäuser zerbombt, die Besatzer verschleppen gewählte Bürgermeister und Kinder, Millionen fliehen nach Westen, russische Kampfhubschrauber tragen Schriftzüge "Nach Berlin", im russischen Fernsehen wird offen über die Invasion im Baltikum gesprochen, Finnland und Schweden werden bedroht.

Wer denkt, dass nach einem Kriegsende in der Ukraine Frieden in Europa wäre, ist mindestens naiv. Aber glücklicherweise fragen die Ukrainer nicht bei stumpfsinnigen Pazifismus-Träumern nach, sondern sprengen den Russen die Panzer unterm Hintern weg - unter hohem Blutzoll. Die Ukraine und ihr Präsident haben meinen höchsten Respekt.
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maobit schrieb:

Alter Schwede. Putinversteher im Eintracht-Forum. Ist mir schlecht.

Das mal-mot vom Wladimir-Flüsterer ist ein treffliches Totschlagargument gegenüber Diskutanten, die versuchen, in solch einer Scheissituation beide Seiten im Blick zu halten. Schwarzer Ritter gegen Weissen Ritter. Wäre es doch nur so einfach.
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WürzburgerAdler schrieb:


Indem man sich von ihnen energieversorgungstechnisch abhängig und solche Staaten damit reich macht?




Hier triffst du aus meiner Sicht tatsächlich rückblickend einen großen Fehler westlicher Staaten. Man dachte durch "Wandel durch Handel" was zum einen natürlich auch einen vermeintlichen Eigennutz hatte (ist letztendlich doch kein Nutzen geblieben) zum anderen aber auch ein klares Händereichen war (kein Handel sondern Isolation ist das Gegenteil davon), Frieden erreichen zu können.

War nicht so, war ein Fehler sich dermaßen blind und hoffnungsvoll abhängig zu machen.

Für die Zukunft muss der Westen daraus seine Schlüsse ziehen, insbesondere vor dem Hintergrund eines "offenen" Handels mit China. Gerne kann man es abtun, China wartet aber sehr offenkundig darauf, Taiwan "zurück ins Reich" holen zu können. Welche (Schuld)Gründe bietet eigentlich hier der Westen, dass sich  China dazu gezwungen sieht? Selbstverständlich ist das egal, weil auch diese Gründe wären nur vorgeschoben oder komplett erfunden.
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Schönesge schrieb:

WürzburgerAdler schrieb:


Indem man sich von ihnen energieversorgungstechnisch abhängig und solche Staaten damit reich macht?




Hier triffst du aus meiner Sicht tatsächlich rückblickend einen großen Fehler westlicher Staaten. Man dachte durch "Wandel durch Handel" was zum einen natürlich auch einen vermeintlichen Eigennutz hatte (ist letztendlich doch kein Nutzen geblieben) zum anderen aber auch ein klares Händereichen war (kein Handel sondern Isolation ist das Gegenteil davon), Frieden erreichen zu können.

War nicht so, war ein Fehler sich dermaßen blind und hoffnungsvoll abhängig zu machen.

Für die Zukunft muss der Westen daraus seine Schlüsse ziehen, insbesondere vor dem Hintergrund eines "offenen" Handels mit China. Gerne kann man es abtun, China wartet aber sehr offenkundig darauf, Taiwan "zurück ins Reich" holen zu können. Welche (Schuld)Gründe bietet eigentlich hier der Westen, dass sich  China dazu gezwungen sieht? Selbstverständlich ist das egal, weil auch diese Gründe wären nur vorgeschoben oder komplett erfunden.

Stimme zu, aber dann sollten wir uns vollständig ehrlich machen. Atomausstieg, Kohleausstieg und baldmöglichst erneuerbare Energie.

Landauf, landab wurde Erdgas gelobt, Die Abhängigkeit von Russland hat bis Ende letzten Jahres niemanden gestört. Zumindest in Deutschland. Nun sind wir alle schlauer.

Scholz und Baerbock halten an Gas als Brückentechnologie fest
https://www.pv-magazine.de/2021/10/28/scholz-und-baerbock-halten-an-gas-als-brueckentechnologie-fest/

2010 empfahl Greenpeace das Erdgas.
Greenpeace: Erdgas ist die Brückentechnologie für Deutschland
Hamburg - Erdgas ist der einzige konventionelle Energieträger, der als Brücke ins Zeitalter der Erneuerbaren Energien noch gebraucht wird.
https://www.proplanta.de/agrar-nachrichten/energie/greenpeace-erdgas-ist-die-brueckentechnologie-fuer-deutschland_article1282829542.html
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Schönesge schrieb:

WürzburgerAdler schrieb:


Indem man sich von ihnen energieversorgungstechnisch abhängig und solche Staaten damit reich macht?


Hier triffst du aus meiner Sicht tatsächlich rückblickend einen großen Fehler westlicher Staaten. Man dachte durch "Wandel durch Handel" was zum einen natürlich auch einen vermeintlichen Eigennutz hatte (ist letztendlich doch kein Nutzen geblieben) zum anderen aber auch ein klares Händereichen war (kein Handel sondern Isolation ist das Gegenteil davon), Frieden erreichen zu können.

War nicht so, war ein Fehler sich dermaßen blind und hoffnungsvoll abhängig zu machen.

Für die Zukunft muss der Westen daraus seine Schlüsse ziehen, insbesondere vor dem Hintergrund eines "offenen" Handels mit China. Gerne kann man es abtun, China wartet aber sehr offenkundig darauf, Taiwan "zurück ins Reich" holen zu können. Welche (Schuld)Gründe bietet eigentlich hier der Westen, dass sich  China dazu gezwungen sieht? Selbstverständlich ist das egal, weil auch diese Gründe wären nur vorgeschoben oder komplett erfunden.

Im Nachhinein ist man immer schlauer. Jetzt sieht es in der Tat so aus, als sei es ein Fehler gewesen. Mag ja naiv anmuten, aber es könnte den Versuch wert gewesen sein. Bis zu welchem Punkt: das ist die Hauptfrage.

Die Situation China/Taiwan scheint tatsächlich ähnlich auszusehen wie Russland/Ukraine. Die chinesische Geschichte und Mentalität ist aber eine andere als die russische. Ob "der Westen" diesbezüglich entscheidendes lernen kann aus dem Russland-Ukraine-Konflikt - ich zweifle.
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Leider ist das so, dass man hinterher schlauer ist. Und evtl war es den Versuch auch wert, man wollte ja nur gut. Aber spätestens jetzt sollte man daraus gelernt haben und frühe Anzeichen darauf, dass der andere nicht so will, wie man es sich erhofft, komplett verdrängen bzw ignorieren. Dass die Ukrainer unseren gut gemeinten Versuch nicht so gut finden, sollte jedoch mehr als verständlich.
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maobit schrieb:

Ist mir schlecht.



verstehe ich!
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Und ausgerechnet da wird durchgewischt. Aber das überrascht mich überhaupt nicht.
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maobit schrieb:

Alter Schwede. Putinversteher im Eintracht-Forum. Ist mir schlecht.

Das mal-mot vom Wladimir-Flüsterer ist ein treffliches Totschlagargument gegenüber Diskutanten, die versuchen, in solch einer Scheissituation beide Seiten im Blick zu halten. Schwarzer Ritter gegen Weissen Ritter. Wäre es doch nur so einfach.
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adlerkadabra schrieb:

maobit schrieb:

Alter Schwede. Putinversteher im Eintracht-Forum. Ist mir schlecht.

Das mal-mot vom Wladimir-Flüsterer ist ein treffliches Totschlagargument gegenüber Diskutanten, die versuchen, in solch einer Scheissituation beide Seiten im Blick zu halten. Schwarzer Ritter gegen Weissen Ritter. Wäre es doch nur so einfach.



Ich glaube, dass ich durchaus auch zu denen gehöre, die im Regelfall dafür plädieren, beide Seiten der Medaille im Blick zu halten. Wenn allerdings Systeme auf alles pfeifen, was ein humanitäre Gesellschaft ausmacht und letztlich faschistisch sind, dann ist es meines Erachtens unangebracht, irgendwelche „what about“-Diskussionen zu führen.

Regelmäßig geht es dann auch nicht mehr darum, ein möglichst ausgewogenes Bild der Lage zu erhalten, sondern das Geschehen in dem Sinne zu relativeren, dass man sagen kann: „Seht Ihr, die anderen sind auch nicht besser!“

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amsterdam_stranded schrieb:

Salenskyj ist nur zu der Lösung bereit, weil Russland ihm die Pistole an den Kopf hält und das ganze Land in Schutt und Asche bombt. Und Du fabulierst etwas davon, dass das eine hübsche Einigung gewesen wäre, auf die man sich auch friedlich hätte einigen können.

Dass Russland überhaupt zu so einer Lösung bereit sein könnte, liegt ersichtlich nicht an dem Friedenswillen Russlands, sondern daran, dass sich seine Armee in der Ukraine festgefahren hat und heftige Verluste erleidet.

Natürlich. Der eine ist kompromissbereit, weil sein Land zerbombt wird, der andere, weil er nicht so voran kommt wie geplant.
Das Ergebnis ist dasselbe. Mit dem Unterschied, dass der eine ein zerbombtes Land und viele Tausend Tote zu beklagen hat und der andere ein von Sanktionen überzogenes Land und viele Tausend Tote zu beklagen hat.

Was hat dann der Krieg bewirkt? Und warum fabuliere ich? Wäre es nicht besser gewesen, man hätte dieses Ergebnis ohne Krieg erzielt?

amsterdam_stranded schrieb:

Sorry WA, aber mittlerweile nehme ich Dir nicht mehr ab, dass es Dir nur um die Vorgeschichte des Konflikt geht. Zumal Du diese Vorgeschichte ausschließlich aus der vermeintlichen Blickrichtung Russlands interpretierst und auf das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Staaten komplett sch…

Mir geht es darum, wie man Kriege verhindern kann. Ein Patentrezept habe ich nicht.
Und auf das Selbstbestimmungsrecht der Staaten sch... man im Irak, in Afghanistan und im Jemen auch. Eigentlich überall, wo es Krieg gibt.
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WürzburgerAdler schrieb:

amsterdam_stranded schrieb:

Salenskyj ist nur zu der Lösung bereit, weil Russland ihm die Pistole an den Kopf hält und das ganze Land in Schutt und Asche bombt. Und Du fabulierst etwas davon, dass das eine hübsche Einigung gewesen wäre, auf die man sich auch friedlich hätte einigen können.

Dass Russland überhaupt zu so einer Lösung bereit sein könnte, liegt ersichtlich nicht an dem Friedenswillen Russlands, sondern daran, dass sich seine Armee in der Ukraine festgefahren hat und heftige Verluste erleidet.

Natürlich. Der eine ist kompromissbereit, weil sein Land zerbombt wird, der andere, weil er nicht so voran kommt wie geplant.
Das Ergebnis ist dasselbe. Mit dem Unterschied, dass der eine ein zerbombtes Land und viele Tausend Tote zu beklagen hat und der andere ein von Sanktionen überzogenes Land und viele Tausend Tote zu beklagen hat.

Was hat dann der Krieg bewirkt? Und warum fabuliere ich? Wäre es nicht besser gewesen, man hätte dieses Ergebnis ohne Krieg erzielt?

amsterdam_stranded schrieb:

Sorry WA, aber mittlerweile nehme ich Dir nicht mehr ab, dass es Dir nur um die Vorgeschichte des Konflikt geht. Zumal Du diese Vorgeschichte ausschließlich aus der vermeintlichen Blickrichtung Russlands interpretierst und auf das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Staaten komplett sch…

Mir geht es darum, wie man Kriege verhindern kann. Ein Patentrezept habe ich nicht.
Und auf das Selbstbestimmungsrecht der Staaten sch... man im Irak, in Afghanistan und im Jemen auch. Eigentlich überall, wo es Krieg gibt.


Drehen wir Zeit zurück. 23.02.22. Man schlägt vor, die ausgerufenen Volksrepubliken mitsamt Ostgebieten anzuerkennen, die dann später Russland sich später einverleibt, gleiches gilt für die Krim. Mit welchen Argumenten hätte man da zustimmen sollen, seitens der Ukraine? Russland hätte ja mit Krieg gedroht. Kann die Ukraine zu diesem Tag sicher sein, dass, sollte sie zustimmen, kein Krieg ausbricht?
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Schönesge schrieb:

WürzburgerAdler schrieb:


Indem man sich von ihnen energieversorgungstechnisch abhängig und solche Staaten damit reich macht?




Hier triffst du aus meiner Sicht tatsächlich rückblickend einen großen Fehler westlicher Staaten. Man dachte durch "Wandel durch Handel" was zum einen natürlich auch einen vermeintlichen Eigennutz hatte (ist letztendlich doch kein Nutzen geblieben) zum anderen aber auch ein klares Händereichen war (kein Handel sondern Isolation ist das Gegenteil davon), Frieden erreichen zu können.

War nicht so, war ein Fehler sich dermaßen blind und hoffnungsvoll abhängig zu machen.

Für die Zukunft muss der Westen daraus seine Schlüsse ziehen, insbesondere vor dem Hintergrund eines "offenen" Handels mit China. Gerne kann man es abtun, China wartet aber sehr offenkundig darauf, Taiwan "zurück ins Reich" holen zu können. Welche (Schuld)Gründe bietet eigentlich hier der Westen, dass sich  China dazu gezwungen sieht? Selbstverständlich ist das egal, weil auch diese Gründe wären nur vorgeschoben oder komplett erfunden.

Stimme zu, aber dann sollten wir uns vollständig ehrlich machen. Atomausstieg, Kohleausstieg und baldmöglichst erneuerbare Energie.

Landauf, landab wurde Erdgas gelobt, Die Abhängigkeit von Russland hat bis Ende letzten Jahres niemanden gestört. Zumindest in Deutschland. Nun sind wir alle schlauer.

Scholz und Baerbock halten an Gas als Brückentechnologie fest
https://www.pv-magazine.de/2021/10/28/scholz-und-baerbock-halten-an-gas-als-brueckentechnologie-fest/

2010 empfahl Greenpeace das Erdgas.
Greenpeace: Erdgas ist die Brückentechnologie für Deutschland
Hamburg - Erdgas ist der einzige konventionelle Energieträger, der als Brücke ins Zeitalter der Erneuerbaren Energien noch gebraucht wird.
https://www.proplanta.de/agrar-nachrichten/energie/greenpeace-erdgas-ist-die-brueckentechnologie-fuer-deutschland_article1282829542.html
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Das Klima von morgen wird mit allergrößter Sicherheit unsere Friedensgrundlage von morgen sein.

Ja, ehrlich machen, die Grünen hatten es schon sehr früh gecheckt, um was es geht, auch wenn sie jahrzehntelang belächelt worden sind. Ehrlich machen, dass alles außer erneuerbaren Energien nur eine (hoffentlich sehr kurzfristige) Brückentechnologie sein kann und darf. Und auch nur deshalb, damit wir unseren sozialen Frieden nicht gefährden. Und Gas kann es nur von Authokratien geben, die mindestens nicht vor haben ihre Nachbarn zu überfallen.
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Und ausgerechnet da wird durchgewischt. Aber das überrascht mich überhaupt nicht.
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SamuelMumm schrieb:

Und ausgerechnet da wird durchgewischt. Aber das überrascht mich überhaupt nicht.


Du kannst Dich gern im KLA über uns empören, aber nicht immer und immer wieder im Thread. Wenn Du den Mod Beitrag von heute gelesen hast, dann solltest Du eigentlich verstehen, warum gesperrt wurde. Dass Du es nicht verstehst, überrascht mich wiederum nicht.

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adlerkadabra schrieb:

maobit schrieb:

Alter Schwede. Putinversteher im Eintracht-Forum. Ist mir schlecht.

Das mal-mot vom Wladimir-Flüsterer ist ein treffliches Totschlagargument gegenüber Diskutanten, die versuchen, in solch einer Scheissituation beide Seiten im Blick zu halten. Schwarzer Ritter gegen Weissen Ritter. Wäre es doch nur so einfach.



Ich glaube, dass ich durchaus auch zu denen gehöre, die im Regelfall dafür plädieren, beide Seiten der Medaille im Blick zu halten. Wenn allerdings Systeme auf alles pfeifen, was ein humanitäre Gesellschaft ausmacht und letztlich faschistisch sind, dann ist es meines Erachtens unangebracht, irgendwelche „what about“-Diskussionen zu führen.

Regelmäßig geht es dann auch nicht mehr darum, ein möglichst ausgewogenes Bild der Lage zu erhalten, sondern das Geschehen in dem Sinne zu relativeren, dass man sagen kann: „Seht Ihr, die anderen sind auch nicht besser!“

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amsterdam_stranded schrieb:

adlerkadabra schrieb:

maobit schrieb:

Alter Schwede. Putinversteher im Eintracht-Forum. Ist mir schlecht.

Das mal-mot vom Wladimir-Flüsterer ist ein treffliches Totschlagargument gegenüber Diskutanten, die versuchen, in solch einer Scheissituation beide Seiten im Blick zu halten. Schwarzer Ritter gegen Weissen Ritter. Wäre es doch nur so einfach.



Ich glaube, dass ich durchaus auch zu denen gehöre, die im Regelfall dafür plädieren, beide Seiten der Medaille im Blick zu halten. Wenn allerdings Systeme auf alles pfeifen, was ein humanitäre Gesellschaft ausmacht und letztlich faschistisch sind, dann ist es meines Erachtens unangebracht, irgendwelche „what about“-Diskussionen zu führen.

Regelmäßig geht es dann auch nicht mehr darum, ein möglichst ausgewogenes Bild der Lage zu erhalten, sondern das Geschehen in dem Sinne zu relativeren, dass man sagen kann: „Seht Ihr, die anderen sind auch nicht besser!“

Mir geht es nicht um Ausgewogenheit oder gar Relativierung - das wäre hier in der Tat verfehlt. Mit "Im-Blick-behalten" aller beteiligter Parteien drücke ich auch keinerlei Sympathie aus. Wenn man aber aus Bequemlichkeit oder - verständlicher - emotionaler Parteinahme den Versuch versäumt, die einzelnen Dynamiken zu verstehen, kommt man, wie ich fürchte, nicht viel weiter bei der Suche nach Lösungen für den Konflikt. Der weiß Gott ein gefährlicher ist.
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WürzburgerAdler schrieb:

amsterdam_stranded schrieb:

Salenskyj ist nur zu der Lösung bereit, weil Russland ihm die Pistole an den Kopf hält und das ganze Land in Schutt und Asche bombt. Und Du fabulierst etwas davon, dass das eine hübsche Einigung gewesen wäre, auf die man sich auch friedlich hätte einigen können.

Dass Russland überhaupt zu so einer Lösung bereit sein könnte, liegt ersichtlich nicht an dem Friedenswillen Russlands, sondern daran, dass sich seine Armee in der Ukraine festgefahren hat und heftige Verluste erleidet.

Natürlich. Der eine ist kompromissbereit, weil sein Land zerbombt wird, der andere, weil er nicht so voran kommt wie geplant.
Das Ergebnis ist dasselbe. Mit dem Unterschied, dass der eine ein zerbombtes Land und viele Tausend Tote zu beklagen hat und der andere ein von Sanktionen überzogenes Land und viele Tausend Tote zu beklagen hat.

Was hat dann der Krieg bewirkt? Und warum fabuliere ich? Wäre es nicht besser gewesen, man hätte dieses Ergebnis ohne Krieg erzielt?

amsterdam_stranded schrieb:

Sorry WA, aber mittlerweile nehme ich Dir nicht mehr ab, dass es Dir nur um die Vorgeschichte des Konflikt geht. Zumal Du diese Vorgeschichte ausschließlich aus der vermeintlichen Blickrichtung Russlands interpretierst und auf das Selbstbestimmungsrecht der betroffenen Staaten komplett sch…

Mir geht es darum, wie man Kriege verhindern kann. Ein Patentrezept habe ich nicht.
Und auf das Selbstbestimmungsrecht der Staaten sch... man im Irak, in Afghanistan und im Jemen auch. Eigentlich überall, wo es Krieg gibt.


Drehen wir Zeit zurück. 23.02.22. Man schlägt vor, die ausgerufenen Volksrepubliken mitsamt Ostgebieten anzuerkennen, die dann später Russland sich später einverleibt, gleiches gilt für die Krim. Mit welchen Argumenten hätte man da zustimmen sollen, seitens der Ukraine? Russland hätte ja mit Krieg gedroht. Kann die Ukraine zu diesem Tag sicher sein, dass, sollte sie zustimmen, kein Krieg ausbricht?
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skyeagle schrieb:


Drehen wir Zeit zurück. 23.02.22. Man schlägt vor, die ausgerufenen Volksrepubliken mitsamt Ostgebieten anzuerkennen, die dann später Russland sich später einverleibt, gleiches gilt für die Krim. Mit welchen Argumenten hätte man da zustimmen sollen, seitens der Ukraine? Russland hätte ja mit Krieg gedroht. Kann die Ukraine zu diesem Tag sicher sein, dass, sollte sie zustimmen, kein Krieg ausbricht?


Und kann die Ukraine darauf vertrauen, dass Russland danach nicht einfach weitere Ansprüche an die Ukraine stellt und wieder mit Krieg droht?

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amsterdam_stranded schrieb:

adlerkadabra schrieb:

maobit schrieb:

Alter Schwede. Putinversteher im Eintracht-Forum. Ist mir schlecht.

Das mal-mot vom Wladimir-Flüsterer ist ein treffliches Totschlagargument gegenüber Diskutanten, die versuchen, in solch einer Scheissituation beide Seiten im Blick zu halten. Schwarzer Ritter gegen Weissen Ritter. Wäre es doch nur so einfach.



Ich glaube, dass ich durchaus auch zu denen gehöre, die im Regelfall dafür plädieren, beide Seiten der Medaille im Blick zu halten. Wenn allerdings Systeme auf alles pfeifen, was ein humanitäre Gesellschaft ausmacht und letztlich faschistisch sind, dann ist es meines Erachtens unangebracht, irgendwelche „what about“-Diskussionen zu führen.

Regelmäßig geht es dann auch nicht mehr darum, ein möglichst ausgewogenes Bild der Lage zu erhalten, sondern das Geschehen in dem Sinne zu relativeren, dass man sagen kann: „Seht Ihr, die anderen sind auch nicht besser!“

Mir geht es nicht um Ausgewogenheit oder gar Relativierung - das wäre hier in der Tat verfehlt. Mit "Im-Blick-behalten" aller beteiligter Parteien drücke ich auch keinerlei Sympathie aus. Wenn man aber aus Bequemlichkeit oder - verständlicher - emotionaler Parteinahme den Versuch versäumt, die einzelnen Dynamiken zu verstehen, kommt man, wie ich fürchte, nicht viel weiter bei der Suche nach Lösungen für den Konflikt. Der weiß Gott ein gefährlicher ist.
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Danke für die Erklärung. Das kann ich nachvollziehen. Mein Beitrag war auch nicht auf Dich gemünzt.
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FrankenAdler schrieb:

Ich für meinen Teil weiß, und das wird in der Konfliktforschung so auch benannt, dass Drohungen, Durchsetzen durch Stärke/Machtgefälle in der Regel eben nicht dazu führen, dass ein Konflikt ausgeräumt wird. Vielmehr entsteht eine Dynamik des Machtausgleichs, also des Versuchs, die eigene Stärke auszubauen, Überlegenheit zu schaffen.
Wenn hier also die Idee ist, Russland so zu schwächen, dass es in eine Position der Ohnmacht/Wehrlosigkeit komnt, wird das der Nährboden für eine starke revanchistische Strömung in der russischen Gesellschaft sein, die die empfundene Demütigung mit allen Mitteln ausräumen will.
Russland ist ein Land, das seit Jahrhunderten in der Rolle der regionalen Hegemonialmacht steckt und den Verlust einer Weltmachtstellung im ausgehenden 20. Jahrhundert verarbeiten muss.
Empfunden wird dies von einem nicht unerheblichen Teil der russischen Bevölkerung als Demütigung. Dieser Krieg, sollte er Russland extrem schwächen, wovon angesichts der jüngeren Entwicklung ausgegangen werden kann, wird diese Demütigung verstärken.


Ich hatte ja weiter oben schon angedeutet, dass ich in dieser Analyse die Grundüberzeugungen der neorealistischen Schule aus dem kalten Krieg wiederzuerkenne glaube. Völkerrecht und internationale Organisationen sind keine wesentlichen Akteure im internationalen System, es geht in der Hauptsache nur um Großmächte, die ums Überleben kämpfen. Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut. Aber müsste die Konsequenz dieser Betrachtung nicht zwingend zu einer Rückkehr in das System der getrennten Einflusssphären aus dem kalten Krieg führen? Einfach ausgedrückt: Balance of Power. Wir begeben uns wieder vollständig in die Hegemonie der USA, der Westen erkennt die russische Einflusssphäre an. Gleichzeitig ziehen wir eine rote Linie, die unter glaubwürdiger Androhung des Atomtods nicht überschritten werden darf. Das EU-Projekt würden wir dann natürlich so nicht mehr benötigen. Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht anmachen, ich kann nur die Konsequenzen, die du aus deiner Analyse ziehst, nicht nachvollziehen.
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Motoguzzi999 schrieb:

Ich hatte ja weiter oben schon angedeutet, dass ich in dieser Analyse die Grundüberzeugungen der neorealistischen Schule aus dem kalten Krieg wiederzuerkenne glaube. Völkerrecht und internationale Organisationen sind keine wesentlichen Akteure im internationalen System, es geht in der Hauptsache nur um Großmächte, die ums Überleben kämpfen. Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Ja. Das war zu erwarten. Nachdem das relativ stabile System der zwei Blöcke Geschichte war, blieb die Weltmacht USA, eine aufstrebende Macht China und eine militärische Großmacht Russland, die aber de facto nahezu Handlungsunfähig war.
In das entstandene Machtvakuum stießen letztlich Nato und EU vor. Das wurde von Beginn an kritisch von Russland gesehen und übte, verständlicherweise, einen großen Reiz auf die ehemaligen Sowjetsateliten aus. Jeder Nato, jeder EU Beitritt bedeutete eine dauerhafte Einschränkung der regionalen Bedeutung Russlands.
Natürlich hatten diese Staaten das Recht darauf, sich "in Sicherheit" zu begeben. Allerdings, Würzi hat das schon an anderer Stelle geschrieben, wurde letztlich die Zeit der russischen Handlungsunfähigkeit genutzt um, ohne groß mit Russland miteinzubeziehen, Fakten zu schaffen.
Dass das Projekt der russischen Demokratie im Westen weniger im Fokus stand als die Erschließung des Marktes Russland - und natürlich insbesondere die Erschließung der Öl und Gasvorkommen für den europäischen Markt - wurde schnell deutlich. Dass unter diesem Bedingungsgefüge früher oder später ein Putin auftaucht, schlicht zu erwarten.
Russland hat keinerlei demokratische Tradition. Russland ist letztlich nahtlos vom Absolutismus in den diktatorischen Staatssozialismus geschlittert und dann mit einer chaotischen pseudemokratischen Zwischenphase ebenso nahtlos in die Autokratie, die sich zunehmend faschistisch ausprägt.
Motoguzzi999 schrieb:

Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Großmächte scheiterten und scheitern letztlich immer am überdehnen ihres Machtbereichs. Die USA war letztlich plötzlich übrig geblieben und hatte zwei Probleme:
Zum einen den immer größer werdenden Machtbereich auf die Kette zu bekommen und zum anderen der eigenen Bevölkerung zu verdeutlichen, wofür das alles überhaupt noch gut ist.
Spätestens mit den Kriegen nach 9/11 wurde beides überdeutlich.
Und natürlich zerfaserte das Bündnis, seiner bisgerigen Ausrichtung beraubt.
Der zweite Punkt, die eigenen Leute mitnehmen, das gelang zunehmend weniger. Unter Trump wurde dann überdeutlich, dass ein nicht geringer Teil der amerikanischen Bevölkerung und des politischen Systems, den Sinn des transatlantischen Bündnisses massiv in Frage stellen und protektionistisch denken. America first lautet der Slogan und es ist, sieht man sich die letzte Wahl an, einfach nur Glück, dass in dieser Situation nicht Trump im Weißen Haus sitzt.
Was aber wäre die Nato, wenn die USA das Bündnis aufkündigen würden?
Motoguzzi999 schrieb:

Aber müsste die Konsequenz dieser Betrachtung nicht zwingend zu einer Rückkehr in das System der getrennten Einflusssphären aus dem kalten Krieg führen? Einfach ausgedrückt: Balance of Power. Wir begeben uns wieder vollständig in die Hegemonie der USA, der Westen erkennt die russische Einflusssphäre an. Gleichzeitig ziehen wir eine rote Linie, die unter glaubwürdiger Androhung des Atomtods nicht überschritten werden darf. Das EU-Projekt würden wir dann natürlich so nicht mehr benötigen. Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht anmachen, ich kann nur die Konsequenzen, die du aus deiner Analyse ziehst, nicht nachvollziehen.

Wir können - und das ist einer der Punkte der mich an der Diskussion hier so sehr irritiert - selbst wenn wir wollten nicht vollständig zurück in die Abhängigkeit von der USA, schlicht weil nicht klar ist, ob die USA tatsächlich künftig bereit sein werden, diese Rolle weiter zu erfüllen.
Letztlich war die Nato mit Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer Paktes eigentlich ein Anachronismus.
Man hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt zwingend fragen müssen, ob dieses Konstrukt des kalten Krieges überhaupt noch passend ist.
Für das Projekt EU, europäische Einigung, war die Nato mMn eher eine Hypothek, weil mit der weitgehenden Anpassung der Sicherheitspolitik an den Kurs des transatlantischen Bündnisses ein wesentlicher Kernpunkt europäischer Politik fremdbestimmt und trianguliert von vor allem amerikanischen Interessen blieb.
Für Russland entstand gleichzeitig die Situation weitgehend ohnmächtig ansehen zu müssen, wie das Bündnis immer näher an die eigenen Grenzen rückte. Russischen Protest dagegen gab es immer, nur hat uns das lange eher wenig interessiert.
Dann kam Putin und hat sich das Land verfügbar gemacht. Um das zu bewerkstelligen musste natürlich Nationalismus und Großmachtsdenken bedient werden. Und das ist Putin gut gelungen. Seine Machtbasis scheint recht stabil, seine Beliebtheitswerte in der Bevölkerung sind für einen Diktator erstaunlich hoch.

Letztlich muss man zusammenfassend feststellen, dass die Politik in Europa und Deutschland es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, Europa und damit auch Deutschlands von den USA zu emanzipieren, obwohl durch Trump überdeitlich wurde, dass die Nato als Konstrukt extrem wackelig ist.
Bezüglich Russland respektive Putin wurden energiepolitische Abhängigkeiten geschaffen, die uns jetzt in die Zwickmühle bringen und, das ist ein Kernpunkt, Putin dir finanziellen Möglichkeiten gegeben hat, um diesen Krieg überhaupt starten zu können.

Im Gegensatz zu deiner Annahme, es bräuchte eine Rückkehr in den amerikanischen Schoß, denke ich dass Europa gut daran täte, selbständiger und unabhängiger von den USA zu agieren.

Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.
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Gerade eben hat sich der Kreml-Sprecher zur verbreiteten Sorge um eine nukleare Eskalation des Kriegs geäußert:

"Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine würde Russland nach Angaben des Kremls Atomwaffen nur im Fall einer »existenziellen Bedrohung« Russlands einsetzen. »Wir haben ein Konzept für innere Sicherheit, das ist bekannt«, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Dienstag im US-Fernsehsender CNN International. »Sie können dort alle Gründe für den Einsatz von Nuklearwaffen nachlesen«, fügte er hinzu.

Diese Äußerung, fast vier Wochen nachdem Russland seine Streitkräfte in die Ukraine entsandt hatte, erfolgte inmitten der Sorge des Westens, dass der Konflikt dort zu einem Atomkrieg eskalieren könnte."
https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-news-am-dienstag-ukraine-vereitelt-moglichen-anschlagsplan-gegen-selenskyj-a-b3bf4594-165a-4b1e-9c43-283c7279b175

Dummerweise bin ich gerade nicht in der Lage, das entsprechende Dokument einzusehen. Auch ist von russischer Seite bereits zur Genüge gelogen worden, und die Frage nach der Definition von "existentielle Bedrohung" bleibt offen. Aber immerhin, es könnte darauf hindeuten, dass man von russischer Seite her die Gefahr einer nuklearen Entgleisung beachtet.
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skyeagle schrieb:


Drehen wir Zeit zurück. 23.02.22. Man schlägt vor, die ausgerufenen Volksrepubliken mitsamt Ostgebieten anzuerkennen, die dann später Russland sich später einverleibt, gleiches gilt für die Krim. Mit welchen Argumenten hätte man da zustimmen sollen, seitens der Ukraine? Russland hätte ja mit Krieg gedroht. Kann die Ukraine zu diesem Tag sicher sein, dass, sollte sie zustimmen, kein Krieg ausbricht?


Und kann die Ukraine darauf vertrauen, dass Russland danach nicht einfach weitere Ansprüche an die Ukraine stellt und wieder mit Krieg droht?

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amsterdam_stranded schrieb:

skyeagle schrieb:


Drehen wir Zeit zurück. 23.02.22. Man schlägt vor, die ausgerufenen Volksrepubliken mitsamt Ostgebieten anzuerkennen, die dann später Russland sich später einverleibt, gleiches gilt für die Krim. Mit welchen Argumenten hätte man da zustimmen sollen, seitens der Ukraine? Russland hätte ja mit Krieg gedroht. Kann die Ukraine zu diesem Tag sicher sein, dass, sollte sie zustimmen, kein Krieg ausbricht?


Und kann die Ukraine darauf vertrauen, dass Russland danach nicht einfach weitere Ansprüche an die Ukraine stellt und wieder mit Krieg droht?


Natürlich nicht. Aber es ging ja darum, den jetzigen Krieg durch eine andere Lösung zu verhindern. Und das erscheint zumindest mir, mehr als unwahrscheinlich. Freilich heißt da nicht, dass es, wenn es zu Verhandlungen mit Ergebnis kommen sollte, nicht irgendwann weiter geht.
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Motoguzzi999 schrieb:

Ich hatte ja weiter oben schon angedeutet, dass ich in dieser Analyse die Grundüberzeugungen der neorealistischen Schule aus dem kalten Krieg wiederzuerkenne glaube. Völkerrecht und internationale Organisationen sind keine wesentlichen Akteure im internationalen System, es geht in der Hauptsache nur um Großmächte, die ums Überleben kämpfen. Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Ja. Das war zu erwarten. Nachdem das relativ stabile System der zwei Blöcke Geschichte war, blieb die Weltmacht USA, eine aufstrebende Macht China und eine militärische Großmacht Russland, die aber de facto nahezu Handlungsunfähig war.
In das entstandene Machtvakuum stießen letztlich Nato und EU vor. Das wurde von Beginn an kritisch von Russland gesehen und übte, verständlicherweise, einen großen Reiz auf die ehemaligen Sowjetsateliten aus. Jeder Nato, jeder EU Beitritt bedeutete eine dauerhafte Einschränkung der regionalen Bedeutung Russlands.
Natürlich hatten diese Staaten das Recht darauf, sich "in Sicherheit" zu begeben. Allerdings, Würzi hat das schon an anderer Stelle geschrieben, wurde letztlich die Zeit der russischen Handlungsunfähigkeit genutzt um, ohne groß mit Russland miteinzubeziehen, Fakten zu schaffen.
Dass das Projekt der russischen Demokratie im Westen weniger im Fokus stand als die Erschließung des Marktes Russland - und natürlich insbesondere die Erschließung der Öl und Gasvorkommen für den europäischen Markt - wurde schnell deutlich. Dass unter diesem Bedingungsgefüge früher oder später ein Putin auftaucht, schlicht zu erwarten.
Russland hat keinerlei demokratische Tradition. Russland ist letztlich nahtlos vom Absolutismus in den diktatorischen Staatssozialismus geschlittert und dann mit einer chaotischen pseudemokratischen Zwischenphase ebenso nahtlos in die Autokratie, die sich zunehmend faschistisch ausprägt.
Motoguzzi999 schrieb:

Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Großmächte scheiterten und scheitern letztlich immer am überdehnen ihres Machtbereichs. Die USA war letztlich plötzlich übrig geblieben und hatte zwei Probleme:
Zum einen den immer größer werdenden Machtbereich auf die Kette zu bekommen und zum anderen der eigenen Bevölkerung zu verdeutlichen, wofür das alles überhaupt noch gut ist.
Spätestens mit den Kriegen nach 9/11 wurde beides überdeutlich.
Und natürlich zerfaserte das Bündnis, seiner bisgerigen Ausrichtung beraubt.
Der zweite Punkt, die eigenen Leute mitnehmen, das gelang zunehmend weniger. Unter Trump wurde dann überdeutlich, dass ein nicht geringer Teil der amerikanischen Bevölkerung und des politischen Systems, den Sinn des transatlantischen Bündnisses massiv in Frage stellen und protektionistisch denken. America first lautet der Slogan und es ist, sieht man sich die letzte Wahl an, einfach nur Glück, dass in dieser Situation nicht Trump im Weißen Haus sitzt.
Was aber wäre die Nato, wenn die USA das Bündnis aufkündigen würden?
Motoguzzi999 schrieb:

Aber müsste die Konsequenz dieser Betrachtung nicht zwingend zu einer Rückkehr in das System der getrennten Einflusssphären aus dem kalten Krieg führen? Einfach ausgedrückt: Balance of Power. Wir begeben uns wieder vollständig in die Hegemonie der USA, der Westen erkennt die russische Einflusssphäre an. Gleichzeitig ziehen wir eine rote Linie, die unter glaubwürdiger Androhung des Atomtods nicht überschritten werden darf. Das EU-Projekt würden wir dann natürlich so nicht mehr benötigen. Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht anmachen, ich kann nur die Konsequenzen, die du aus deiner Analyse ziehst, nicht nachvollziehen.

Wir können - und das ist einer der Punkte der mich an der Diskussion hier so sehr irritiert - selbst wenn wir wollten nicht vollständig zurück in die Abhängigkeit von der USA, schlicht weil nicht klar ist, ob die USA tatsächlich künftig bereit sein werden, diese Rolle weiter zu erfüllen.
Letztlich war die Nato mit Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer Paktes eigentlich ein Anachronismus.
Man hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt zwingend fragen müssen, ob dieses Konstrukt des kalten Krieges überhaupt noch passend ist.
Für das Projekt EU, europäische Einigung, war die Nato mMn eher eine Hypothek, weil mit der weitgehenden Anpassung der Sicherheitspolitik an den Kurs des transatlantischen Bündnisses ein wesentlicher Kernpunkt europäischer Politik fremdbestimmt und trianguliert von vor allem amerikanischen Interessen blieb.
Für Russland entstand gleichzeitig die Situation weitgehend ohnmächtig ansehen zu müssen, wie das Bündnis immer näher an die eigenen Grenzen rückte. Russischen Protest dagegen gab es immer, nur hat uns das lange eher wenig interessiert.
Dann kam Putin und hat sich das Land verfügbar gemacht. Um das zu bewerkstelligen musste natürlich Nationalismus und Großmachtsdenken bedient werden. Und das ist Putin gut gelungen. Seine Machtbasis scheint recht stabil, seine Beliebtheitswerte in der Bevölkerung sind für einen Diktator erstaunlich hoch.

Letztlich muss man zusammenfassend feststellen, dass die Politik in Europa und Deutschland es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, Europa und damit auch Deutschlands von den USA zu emanzipieren, obwohl durch Trump überdeitlich wurde, dass die Nato als Konstrukt extrem wackelig ist.
Bezüglich Russland respektive Putin wurden energiepolitische Abhängigkeiten geschaffen, die uns jetzt in die Zwickmühle bringen und, das ist ein Kernpunkt, Putin dir finanziellen Möglichkeiten gegeben hat, um diesen Krieg überhaupt starten zu können.

Im Gegensatz zu deiner Annahme, es bräuchte eine Rückkehr in den amerikanischen Schoß, denke ich dass Europa gut daran täte, selbständiger und unabhängiger von den USA zu agieren.

Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.
#
Danke für den guten Beitrag. Da sprichst Du einige bedenkenswerte Punkte an, auch wenn man sie vielleicht nicht teilt.

Und um das Klima wieder etwas versöhnlicher zu gestalten, diesen Absatz werden vermutlich die meisten hier unterschreiben können:

FrankenAdler schrieb:


Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.

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Ich verlinke mal etwas harten Tobak für die Appeasement-Fraktion. Die Analyse der Determinanten der russischen Außenpolitik von Hannes Adomeit, einem Politikwissenschaftler, den wir damals schon im Zusammenhang mit der NATO-Osterweiterung im Seminar diskutiert haben (habe ich alles vergessen, weil ich dachte, der Käse sei gegessen). Ich muss dazu sagen, ich kenne das Land, spreche Russisch und habe dort auch gearbeitet, viele Eindrücke kann ich teilen. Es ist ein bisschen Lesestoff, aber es lohnt sich, das mal zu lesen.

https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/sirius-2017-0002/html

Sein Fazit (der Text stammt von 2017):

Der Westen sollte eine entschiedene und konsequente Position beziehen und entsprechend handeln. Nur eine solche ist friedensstiftend, nicht aber eine Haltung, die ständig nach Dialog in einer Situation ruft, in der dieser gar nicht möglich ist. Die schon zum Ritual gewordenen, an die eigene Adresse gerichteten Aufrufe westlicher Politiker, „verbal abzurüsten“, „Säbelrasseln“ zu unterlassen, eine „Eskalationsspirale zu vermeiden“, einen „Rüstungswettlauf zu verhindern“ und „gegenseitiges Vertrauen wiederherzustellen“ – so die Schlüsselworte − werden im Kreml als Zeichen von Furcht gesehen. Sie bestärken diejenigen Angehörigen der politischen Klasse, die seit Langem der Auffassung sind, der Westen habe nicht die Nerven, einen Konflikt mit Russland durchzustehen; man müsse nur fortfahren, ihm Angst einzujagen.

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Danke für den guten Beitrag. Da sprichst Du einige bedenkenswerte Punkte an, auch wenn man sie vielleicht nicht teilt.

Und um das Klima wieder etwas versöhnlicher zu gestalten, diesen Absatz werden vermutlich die meisten hier unterschreiben können:

FrankenAdler schrieb:


Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.

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amsterdam_stranded schrieb:

Danke für den guten Beitrag. Da sprichst Du einige bedenkenswerte Punkte an, auch wenn man sie vielleicht nicht teilt.

Und um das Klima wieder etwas versöhnlicher zu gestalten, diesen Absatz werden vermutlich die meisten hier unterschreiben können:

FrankenAdler schrieb:


Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.



Auch wenn ich in vielen Punkten weit von deinen Positionen entfernt bin, bleibt es zumeist ein Vergnügen mit dir zu diskutieren. Dafür danke!
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Motoguzzi999 schrieb:

Ich hatte ja weiter oben schon angedeutet, dass ich in dieser Analyse die Grundüberzeugungen der neorealistischen Schule aus dem kalten Krieg wiederzuerkenne glaube. Völkerrecht und internationale Organisationen sind keine wesentlichen Akteure im internationalen System, es geht in der Hauptsache nur um Großmächte, die ums Überleben kämpfen. Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Ja. Das war zu erwarten. Nachdem das relativ stabile System der zwei Blöcke Geschichte war, blieb die Weltmacht USA, eine aufstrebende Macht China und eine militärische Großmacht Russland, die aber de facto nahezu Handlungsunfähig war.
In das entstandene Machtvakuum stießen letztlich Nato und EU vor. Das wurde von Beginn an kritisch von Russland gesehen und übte, verständlicherweise, einen großen Reiz auf die ehemaligen Sowjetsateliten aus. Jeder Nato, jeder EU Beitritt bedeutete eine dauerhafte Einschränkung der regionalen Bedeutung Russlands.
Natürlich hatten diese Staaten das Recht darauf, sich "in Sicherheit" zu begeben. Allerdings, Würzi hat das schon an anderer Stelle geschrieben, wurde letztlich die Zeit der russischen Handlungsunfähigkeit genutzt um, ohne groß mit Russland miteinzubeziehen, Fakten zu schaffen.
Dass das Projekt der russischen Demokratie im Westen weniger im Fokus stand als die Erschließung des Marktes Russland - und natürlich insbesondere die Erschließung der Öl und Gasvorkommen für den europäischen Markt - wurde schnell deutlich. Dass unter diesem Bedingungsgefüge früher oder später ein Putin auftaucht, schlicht zu erwarten.
Russland hat keinerlei demokratische Tradition. Russland ist letztlich nahtlos vom Absolutismus in den diktatorischen Staatssozialismus geschlittert und dann mit einer chaotischen pseudemokratischen Zwischenphase ebenso nahtlos in die Autokratie, die sich zunehmend faschistisch ausprägt.
Motoguzzi999 schrieb:

Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Großmächte scheiterten und scheitern letztlich immer am überdehnen ihres Machtbereichs. Die USA war letztlich plötzlich übrig geblieben und hatte zwei Probleme:
Zum einen den immer größer werdenden Machtbereich auf die Kette zu bekommen und zum anderen der eigenen Bevölkerung zu verdeutlichen, wofür das alles überhaupt noch gut ist.
Spätestens mit den Kriegen nach 9/11 wurde beides überdeutlich.
Und natürlich zerfaserte das Bündnis, seiner bisgerigen Ausrichtung beraubt.
Der zweite Punkt, die eigenen Leute mitnehmen, das gelang zunehmend weniger. Unter Trump wurde dann überdeutlich, dass ein nicht geringer Teil der amerikanischen Bevölkerung und des politischen Systems, den Sinn des transatlantischen Bündnisses massiv in Frage stellen und protektionistisch denken. America first lautet der Slogan und es ist, sieht man sich die letzte Wahl an, einfach nur Glück, dass in dieser Situation nicht Trump im Weißen Haus sitzt.
Was aber wäre die Nato, wenn die USA das Bündnis aufkündigen würden?
Motoguzzi999 schrieb:

Aber müsste die Konsequenz dieser Betrachtung nicht zwingend zu einer Rückkehr in das System der getrennten Einflusssphären aus dem kalten Krieg führen? Einfach ausgedrückt: Balance of Power. Wir begeben uns wieder vollständig in die Hegemonie der USA, der Westen erkennt die russische Einflusssphäre an. Gleichzeitig ziehen wir eine rote Linie, die unter glaubwürdiger Androhung des Atomtods nicht überschritten werden darf. Das EU-Projekt würden wir dann natürlich so nicht mehr benötigen. Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht anmachen, ich kann nur die Konsequenzen, die du aus deiner Analyse ziehst, nicht nachvollziehen.

Wir können - und das ist einer der Punkte der mich an der Diskussion hier so sehr irritiert - selbst wenn wir wollten nicht vollständig zurück in die Abhängigkeit von der USA, schlicht weil nicht klar ist, ob die USA tatsächlich künftig bereit sein werden, diese Rolle weiter zu erfüllen.
Letztlich war die Nato mit Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer Paktes eigentlich ein Anachronismus.
Man hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt zwingend fragen müssen, ob dieses Konstrukt des kalten Krieges überhaupt noch passend ist.
Für das Projekt EU, europäische Einigung, war die Nato mMn eher eine Hypothek, weil mit der weitgehenden Anpassung der Sicherheitspolitik an den Kurs des transatlantischen Bündnisses ein wesentlicher Kernpunkt europäischer Politik fremdbestimmt und trianguliert von vor allem amerikanischen Interessen blieb.
Für Russland entstand gleichzeitig die Situation weitgehend ohnmächtig ansehen zu müssen, wie das Bündnis immer näher an die eigenen Grenzen rückte. Russischen Protest dagegen gab es immer, nur hat uns das lange eher wenig interessiert.
Dann kam Putin und hat sich das Land verfügbar gemacht. Um das zu bewerkstelligen musste natürlich Nationalismus und Großmachtsdenken bedient werden. Und das ist Putin gut gelungen. Seine Machtbasis scheint recht stabil, seine Beliebtheitswerte in der Bevölkerung sind für einen Diktator erstaunlich hoch.

Letztlich muss man zusammenfassend feststellen, dass die Politik in Europa und Deutschland es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, Europa und damit auch Deutschlands von den USA zu emanzipieren, obwohl durch Trump überdeitlich wurde, dass die Nato als Konstrukt extrem wackelig ist.
Bezüglich Russland respektive Putin wurden energiepolitische Abhängigkeiten geschaffen, die uns jetzt in die Zwickmühle bringen und, das ist ein Kernpunkt, Putin dir finanziellen Möglichkeiten gegeben hat, um diesen Krieg überhaupt starten zu können.

Im Gegensatz zu deiner Annahme, es bräuchte eine Rückkehr in den amerikanischen Schoß, denke ich dass Europa gut daran täte, selbständiger und unabhängiger von den USA zu agieren.

Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.
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FrankenAdler schrieb:

Motoguzzi999 schrieb:

Ich hatte ja weiter oben schon angedeutet, dass ich in dieser Analyse die Grundüberzeugungen der neorealistischen Schule aus dem kalten Krieg wiederzuerkenne glaube. Völkerrecht und internationale Organisationen sind keine wesentlichen Akteure im internationalen System, es geht in der Hauptsache nur um Großmächte, die ums Überleben kämpfen. Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Ja. Das war zu erwarten. Nachdem das relativ stabile System der zwei Blöcke Geschichte war, blieb die Weltmacht USA, eine aufstrebende Macht China und eine militärische Großmacht Russland, die aber de facto nahezu Handlungsunfähig war.
In das entstandene Machtvakuum stießen letztlich Nato und EU vor. Das wurde von Beginn an kritisch von Russland gesehen und übte, verständlicherweise, einen großen Reiz auf die ehemaligen Sowjetsateliten aus. Jeder Nato, jeder EU Beitritt bedeutete eine dauerhafte Einschränkung der regionalen Bedeutung Russlands.
Natürlich hatten diese Staaten das Recht darauf, sich "in Sicherheit" zu begeben. Allerdings, Würzi hat das schon an anderer Stelle geschrieben, wurde letztlich die Zeit der russischen Handlungsunfähigkeit genutzt um, ohne groß mit Russland miteinzubeziehen, Fakten zu schaffen.
Dass das Projekt der russischen Demokratie im Westen weniger im Fokus stand als die Erschließung des Marktes Russland - und natürlich insbesondere die Erschließung der Öl und Gasvorkommen für den europäischen Markt - wurde schnell deutlich. Dass unter diesem Bedingungsgefüge früher oder später ein Putin auftaucht, schlicht zu erwarten.
Russland hat keinerlei demokratische Tradition. Russland ist letztlich nahtlos vom Absolutismus in den diktatorischen Staatssozialismus geschlittert und dann mit einer chaotischen pseudemokratischen Zwischenphase ebenso nahtlos in die Autokratie, die sich zunehmend faschistisch ausprägt.
Motoguzzi999 schrieb:

Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Großmächte scheiterten und scheitern letztlich immer am überdehnen ihres Machtbereichs. Die USA war letztlich plötzlich übrig geblieben und hatte zwei Probleme:
Zum einen den immer größer werdenden Machtbereich auf die Kette zu bekommen und zum anderen der eigenen Bevölkerung zu verdeutlichen, wofür das alles überhaupt noch gut ist.
Spätestens mit den Kriegen nach 9/11 wurde beides überdeutlich.
Und natürlich zerfaserte das Bündnis, seiner bisgerigen Ausrichtung beraubt.
Der zweite Punkt, die eigenen Leute mitnehmen, das gelang zunehmend weniger. Unter Trump wurde dann überdeutlich, dass ein nicht geringer Teil der amerikanischen Bevölkerung und des politischen Systems, den Sinn des transatlantischen Bündnisses massiv in Frage stellen und protektionistisch denken. America first lautet der Slogan und es ist, sieht man sich die letzte Wahl an, einfach nur Glück, dass in dieser Situation nicht Trump im Weißen Haus sitzt.
Was aber wäre die Nato, wenn die USA das Bündnis aufkündigen würden?
Motoguzzi999 schrieb:

Aber müsste die Konsequenz dieser Betrachtung nicht zwingend zu einer Rückkehr in das System der getrennten Einflusssphären aus dem kalten Krieg führen? Einfach ausgedrückt: Balance of Power. Wir begeben uns wieder vollständig in die Hegemonie der USA, der Westen erkennt die russische Einflusssphäre an. Gleichzeitig ziehen wir eine rote Linie, die unter glaubwürdiger Androhung des Atomtods nicht überschritten werden darf. Das EU-Projekt würden wir dann natürlich so nicht mehr benötigen. Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht anmachen, ich kann nur die Konsequenzen, die du aus deiner Analyse ziehst, nicht nachvollziehen.

Wir können - und das ist einer der Punkte der mich an der Diskussion hier so sehr irritiert - selbst wenn wir wollten nicht vollständig zurück in die Abhängigkeit von der USA, schlicht weil nicht klar ist, ob die USA tatsächlich künftig bereit sein werden, diese Rolle weiter zu erfüllen.
Letztlich war die Nato mit Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer Paktes eigentlich ein Anachronismus.
Man hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt zwingend fragen müssen, ob dieses Konstrukt des kalten Krieges überhaupt noch passend ist.
Für das Projekt EU, europäische Einigung, war die Nato mMn eher eine Hypothek, weil mit der weitgehenden Anpassung der Sicherheitspolitik an den Kurs des transatlantischen Bündnisses ein wesentlicher Kernpunkt europäischer Politik fremdbestimmt und trianguliert von vor allem amerikanischen Interessen blieb.
Für Russland entstand gleichzeitig die Situation weitgehend ohnmächtig ansehen zu müssen, wie das Bündnis immer näher an die eigenen Grenzen rückte. Russischen Protest dagegen gab es immer, nur hat uns das lange eher wenig interessiert.
Dann kam Putin und hat sich das Land verfügbar gemacht. Um das zu bewerkstelligen musste natürlich Nationalismus und Großmachtsdenken bedient werden. Und das ist Putin gut gelungen. Seine Machtbasis scheint recht stabil, seine Beliebtheitswerte in der Bevölkerung sind für einen Diktator erstaunlich hoch.

Letztlich muss man zusammenfassend feststellen, dass die Politik in Europa und Deutschland es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, Europa und damit auch Deutschlands von den USA zu emanzipieren, obwohl durch Trump überdeitlich wurde, dass die Nato als Konstrukt extrem wackelig ist.
Bezüglich Russland respektive Putin wurden energiepolitische Abhängigkeiten geschaffen, die uns jetzt in die Zwickmühle bringen und, das ist ein Kernpunkt, Putin dir finanziellen Möglichkeiten gegeben hat, um diesen Krieg überhaupt starten zu können.

Im Gegensatz zu deiner Annahme, es bräuchte eine Rückkehr in den amerikanischen Schoß, denke ich dass Europa gut daran täte, selbständiger und unabhängiger von den USA zu agieren.

Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.

Werter FrankenAdler,
bei aller inhaltlichen Differenz, ich schätze dich als Diskussionspartner sehr,  u.a. wegen solch scharfsinniger Analysen, denen ich im Großen und Ganzen zustimme.  
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FrankenAdler schrieb:

Motoguzzi999 schrieb:

Ich hatte ja weiter oben schon angedeutet, dass ich in dieser Analyse die Grundüberzeugungen der neorealistischen Schule aus dem kalten Krieg wiederzuerkenne glaube. Völkerrecht und internationale Organisationen sind keine wesentlichen Akteure im internationalen System, es geht in der Hauptsache nur um Großmächte, die ums Überleben kämpfen. Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Ja. Das war zu erwarten. Nachdem das relativ stabile System der zwei Blöcke Geschichte war, blieb die Weltmacht USA, eine aufstrebende Macht China und eine militärische Großmacht Russland, die aber de facto nahezu Handlungsunfähig war.
In das entstandene Machtvakuum stießen letztlich Nato und EU vor. Das wurde von Beginn an kritisch von Russland gesehen und übte, verständlicherweise, einen großen Reiz auf die ehemaligen Sowjetsateliten aus. Jeder Nato, jeder EU Beitritt bedeutete eine dauerhafte Einschränkung der regionalen Bedeutung Russlands.
Natürlich hatten diese Staaten das Recht darauf, sich "in Sicherheit" zu begeben. Allerdings, Würzi hat das schon an anderer Stelle geschrieben, wurde letztlich die Zeit der russischen Handlungsunfähigkeit genutzt um, ohne groß mit Russland miteinzubeziehen, Fakten zu schaffen.
Dass das Projekt der russischen Demokratie im Westen weniger im Fokus stand als die Erschließung des Marktes Russland - und natürlich insbesondere die Erschließung der Öl und Gasvorkommen für den europäischen Markt - wurde schnell deutlich. Dass unter diesem Bedingungsgefüge früher oder später ein Putin auftaucht, schlicht zu erwarten.
Russland hat keinerlei demokratische Tradition. Russland ist letztlich nahtlos vom Absolutismus in den diktatorischen Staatssozialismus geschlittert und dann mit einer chaotischen pseudemokratischen Zwischenphase ebenso nahtlos in die Autokratie, die sich zunehmend faschistisch ausprägt.
Motoguzzi999 schrieb:

Gemäß dieser Idee konnte die einseitige Hegemonie der USA nach dem Untergang der Sowjetunion nicht von Dauer sein, es war zu erwarten, dass sich Russland zurückkämpfen würde. So weit so gut.

Großmächte scheiterten und scheitern letztlich immer am überdehnen ihres Machtbereichs. Die USA war letztlich plötzlich übrig geblieben und hatte zwei Probleme:
Zum einen den immer größer werdenden Machtbereich auf die Kette zu bekommen und zum anderen der eigenen Bevölkerung zu verdeutlichen, wofür das alles überhaupt noch gut ist.
Spätestens mit den Kriegen nach 9/11 wurde beides überdeutlich.
Und natürlich zerfaserte das Bündnis, seiner bisgerigen Ausrichtung beraubt.
Der zweite Punkt, die eigenen Leute mitnehmen, das gelang zunehmend weniger. Unter Trump wurde dann überdeutlich, dass ein nicht geringer Teil der amerikanischen Bevölkerung und des politischen Systems, den Sinn des transatlantischen Bündnisses massiv in Frage stellen und protektionistisch denken. America first lautet der Slogan und es ist, sieht man sich die letzte Wahl an, einfach nur Glück, dass in dieser Situation nicht Trump im Weißen Haus sitzt.
Was aber wäre die Nato, wenn die USA das Bündnis aufkündigen würden?
Motoguzzi999 schrieb:

Aber müsste die Konsequenz dieser Betrachtung nicht zwingend zu einer Rückkehr in das System der getrennten Einflusssphären aus dem kalten Krieg führen? Einfach ausgedrückt: Balance of Power. Wir begeben uns wieder vollständig in die Hegemonie der USA, der Westen erkennt die russische Einflusssphäre an. Gleichzeitig ziehen wir eine rote Linie, die unter glaubwürdiger Androhung des Atomtods nicht überschritten werden darf. Das EU-Projekt würden wir dann natürlich so nicht mehr benötigen. Versteh mich nicht falsch, ich will dich nicht anmachen, ich kann nur die Konsequenzen, die du aus deiner Analyse ziehst, nicht nachvollziehen.

Wir können - und das ist einer der Punkte der mich an der Diskussion hier so sehr irritiert - selbst wenn wir wollten nicht vollständig zurück in die Abhängigkeit von der USA, schlicht weil nicht klar ist, ob die USA tatsächlich künftig bereit sein werden, diese Rolle weiter zu erfüllen.
Letztlich war die Nato mit Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer Paktes eigentlich ein Anachronismus.
Man hätte sich bereits zu diesem Zeitpunkt zwingend fragen müssen, ob dieses Konstrukt des kalten Krieges überhaupt noch passend ist.
Für das Projekt EU, europäische Einigung, war die Nato mMn eher eine Hypothek, weil mit der weitgehenden Anpassung der Sicherheitspolitik an den Kurs des transatlantischen Bündnisses ein wesentlicher Kernpunkt europäischer Politik fremdbestimmt und trianguliert von vor allem amerikanischen Interessen blieb.
Für Russland entstand gleichzeitig die Situation weitgehend ohnmächtig ansehen zu müssen, wie das Bündnis immer näher an die eigenen Grenzen rückte. Russischen Protest dagegen gab es immer, nur hat uns das lange eher wenig interessiert.
Dann kam Putin und hat sich das Land verfügbar gemacht. Um das zu bewerkstelligen musste natürlich Nationalismus und Großmachtsdenken bedient werden. Und das ist Putin gut gelungen. Seine Machtbasis scheint recht stabil, seine Beliebtheitswerte in der Bevölkerung sind für einen Diktator erstaunlich hoch.

Letztlich muss man zusammenfassend feststellen, dass die Politik in Europa und Deutschland es in den letzten Jahren nicht geschafft hat, Europa und damit auch Deutschlands von den USA zu emanzipieren, obwohl durch Trump überdeitlich wurde, dass die Nato als Konstrukt extrem wackelig ist.
Bezüglich Russland respektive Putin wurden energiepolitische Abhängigkeiten geschaffen, die uns jetzt in die Zwickmühle bringen und, das ist ein Kernpunkt, Putin dir finanziellen Möglichkeiten gegeben hat, um diesen Krieg überhaupt starten zu können.

Im Gegensatz zu deiner Annahme, es bräuchte eine Rückkehr in den amerikanischen Schoß, denke ich dass Europa gut daran täte, selbständiger und unabhängiger von den USA zu agieren.

Dabei ist Russland (natürlich nach Putin) zwingend in enger Partnerschaft einzubeziehen. Im Fokus müssen Drmokratie und Menschenrechte stehen. Wir haben dieses Kulturgut, ein einiges demokratisches Europa, als Exportschlager im Angebot. Darsuf müssen wir uns konzentrieren.

Werter FrankenAdler,
bei aller inhaltlichen Differenz, ich schätze dich als Diskussionspartner sehr,  u.a. wegen solch scharfsinniger Analysen, denen ich im Großen und Ganzen zustimme.  
#
Waia, jetzt hatte ich die Vorgänger-Beiträge beim Absenden gar nicht gelesen. Nicht dass das hier zu kuschelig wird!

Trotzdem war mein Beitrag wirklich ernst gemeint.
#
Und ausgerechnet da wird durchgewischt. Aber das überrascht mich überhaupt nicht.
#
SamuelMumm schrieb:

Und ausgerechnet da wird durchgewischt. Aber das überrascht mich überhaupt nicht.


Und das mit dem Verweis auf Anstand, dabei ohne Mod-Namen oder Nachricht. Ich war lange nicht hier. Das war mal besser.

Mein Anstand sagt mir, dass ich, während auf ein Opfer eingeprügelt wird, keine Rechtfertigungen für den Täter runterbete oder Verständnis einfordere oder die Schuld aufteile. Zumal der Angriff nicht seit 2022 sondern seit 2014 läuft.

Aber das kann man ja besprechen, wenn Putins Mörder vor Vilnius oder Helsinki stehen. In diesem Moment verfrachten sie Ukrainer in Lager.


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