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Sieg der Außenseiter - Bericht vom Vormittagstraining in Feldkirchen, 2.7.2013

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Gude aus Mühldorf!

Feldkirchen ist das Trainingslager 1 neuer Zeitrechnung, nach der Ära Oka Nikolov. Und auch während der vierten Übungseinheit ist es immer noch unwirklich, den Mazedonier mit der inneren Ruhe, der zu Trainingsbeginn immer für einen flapsigen Spruch im Odenwälder Slang zu seinen Mitspielern gut war, nicht zu sehen. Nicht zu hören, wie er während eines Trainingsspielchens die Nachwuchskicker anleitet, ihnen das Gefühl gibt, ein wichtiger, hoffungsvoller Teil der großen Adler zu sein.

Mein erstes Spiel, bei dem ich Oka im Eintracht-Tor habe stehen sehen, war ein Alptraum: 19. September 1995, 2. Runde DFB-Pokal bei 60 München. Ein frustrierendes 1:5 im Bayern-Stehblock des Olystadions, beim fünften Gegentreffer wurde "der zuweit vor dem Tor postierte Nikolov mit einem gefühlvollen Heber aus etwa 20 Metern düpiert", wie die FR damals schrieb. Spieler-Bashing war schon damals en vogue, in seinem dritten Pflichtspiel für die SGE konnte er an den anderen vier Buden zuvor nichts machen. Die Jahre vergingen, die Hochs und Tiefs in Okas Karriere wechselten beständig wie lange Zeit die Trainer, die Präsidenten und die Ligazugehörigkeit.

Mal bejubelte ich seine Glanzparaden, seine getöteten Elfmeter, seine Unbezwingbarkeit in vielen Eins-gegen-Eins-Situation. Dann wieder verdammte ich ihn auf die Bank, oder noch schlimmer, auf die Tribüne: Wenn er unter der dritten Flanke innerhalb von Minuten hindurchsegelte; wenn er nach einer Ecke auf der Linie kleben blieb, statt die Pille im Fünfer runterzupflücken und der gegnerische Stürmer dann dankend einnickte. Bei Okas letztem Spiel für die SGE, im Waldstadion gegen Wolfsburg, war ich wieder vor Ort. Als er in der 66. Minute den Platz wegen einer Verletzung verlassen musste, wusste ich noch nicht, dass sich der Kreis schließen sollte. Gerade hatte er ja seinen Vertrag bei den Adlerträgern um ein Jahr verlängert. Das 0:1 durch Bernhard Winkler an jenem betrüblichen Septembertag im Jahr 1995 war sein Anfang in meiner persönlichen Oka-Historie. Das 0:2 jüngst im Mai von Ekel Diego, das letzte Gegentor, konnte nicht verhindern, dass Nikolov mit einer triumphalen Note für immer in meinem Gedächtnis bleibt: Europacup.

Nun also USAbenteuer, Philadelphia, Operettenliga, Mentor für einen Torhüter namens Zac MacMath. Viel Glück, viele positive Lebenserfahrungen, viele gehaltene Elfmeter und viele gewonnene Eins-gegen-Eins-Situationen, Oka Nikolov.

Wie schlagen sich seine Nachfolger an diesem Dienstagmorgen um kurz vor 10 Uhr, der Trapp, der Wiedwald und der Aulbach? Sie werden von Torwarttrainer Petz auf den kleinen Platz geschickt und üben kurze Abwürfe über vielleicht 15, 20 Meter. Dann eine Steigerung, flache Abstösse über ca. 40 Meter.

Die Feldspieler sind derweil vollzählig angetreten, die no-show-freie Serie hält also weiterhin. Bis auf Bendtner natürlich. Kolodziej hat sich diesmal ballorientierte Aufwärmübungen ausgedacht, die Jungs dribbeln an roten Stangen vorbei und schnicken das Ding nach einer 270-Grad-Drehung zu einem Kollegen.

Um 10.25 Uhr versammeln sich die Feldies zu zwei Achterkreisen, je zwei Spieler dürfen in die Mitte, Anderson und Kempf an den Rand zur Reha. Schröck ist superaggro, wenn er im Zentrum nach dem Ball hechelt. Das hat irgendwie was von Berti Vogts. Wuff! Flum wird per Hackentrick getunnelt, das freut den gemeinen Mannschaftskollegen.

Zehn Minuten später fangen die Achterkreise an zu kreiseln und der Ballbesitzende passt die Pille dem Vordermann zu, der wieder zurück, und der dann zum Vor-Vordermann.

Es ist 10.45 Uhr, als die Leibchen gezückt werden.

Blau: Djakpa, Lanig, Russ, Celo, Waldschmidt.
Gelb: Stendera, Demidov, Lakic, Schröck, Oczi.
Rot: Meier, Schwegler, Rosenthal, Aigner, Flum.

Torloses Spiel auf einem 15 mal 20 Meter großen Feld. Ein Team wuselt in der Mitte und muss an den Ball kommen, den die beiden anderen Teams außen per One Touch sich zupassen. So eine Art überdimensioniertes 5 gegen 1 also.

Jung setzt übrigens aus, und zu ihm schlappt gegen 11 der Schwegler, der beim anschließenden 8 gegen 8 auf große Tore und Halbfeld unpässlich ist. Scheint nichts schlimmes zu sein, dehnt sich halt e bissi.

Rot: Trapp, Russ, Flum, Schröck, Rosenthal, Oczipka, Aigner, Meier.
Gelb: Wienerwald, Demidov, Celo, Djakpa, Lanig, Stendera, Waldschmidt, Lakic.

Team Rot ist von den Namen her besser besetzt und dominiert das zehn Minuten dauernde Spielchen. Meier am langen Pfosten vorbei, Wiedwald mal in höchster Not gegen Aigner. Doch die Tore schießen die gelben Underdogs. Nach fünf Minuten verwertet Lanig eine Flanke von rechts mit einem trockenen Schuss zum 1:0. Constant nennt Waldschmidt konsequent Lucas, was deren Zusammenspiel am linken Flügel aber nicht weiter stört. Lakic köpft kurz vor Schluss gar das 2:0 nach Djakpa-Vorarbeit.

Ein Außenseitersieg also am Dienstagmorgen. Mal schauen, ob es heute nachmittag eine Revanche gibt, 16.30 Uhr, selber Ort.

Pfiat eich,
Enkhaamer...

...der gerade im Restaurant Thalhammer am Feldkirchner Badesee sitzt und sich überlegt, ob er in die trübe Brühe steigt. Die Behörden haben das Wasser zwar freigegeben, aber überschwemmungsbedingt war das vor kurzem noch eine Kloake.
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Mittagspause gerettet! Danke!
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Enkhaamer schrieb:


Feldkirchen ist das Trainingslager 1 neuer Zeitrechnung, nach der Ära Oka Nikolov. Und auch während der vierten Übungseinheit ist es immer noch unwirklich, den Mazedonier mit der inneren Ruhe, der zu Trainingsbeginn immer für einen flapsigen Spruch im Odenwälder Slang zu seinen Mitspielern gut war, nicht zu sehen. Nicht zu hören, wie er während eines Trainingsspielchens die Nachwuchskicker anleitet, ihnen das Gefühl gibt, ein wichtiger, hoffungsvoller Teil der großen Adler zu sein.

Mein erstes Spiel, bei dem ich Oka im Eintracht-Tor habe stehen sehen, war ein Alptraum: 19. September 1995, 2. Runde DFB-Pokal bei 60 München. Ein frustrierendes 1:5 im Bayern-Stehblock des Olystadions, beim fünften Gegentreffer wurde "der zuweit vor dem Tor postierte Nikolov mit einem gefühlvollen Heber aus etwa 20 Metern düpiert", wie die FR damals schrieb. Spieler-Bashing war schon damals en vogue, in seinem dritten Pflichtspiel für die SGE konnte er an den anderen vier Buden zuvor nichts machen. Die Jahre vergingen, die Hochs und Tiefs in Okas Karriere wechselten beständig wie lange Zeit die Trainer, die Präsidenten und die Ligazugehörigkeit.

Mal bejubelte ich seine Glanzparaden, seine getöteten Elfmeter, seine Unbezwingbarkeit in vielen Eins-gegen-Eins-Situation. Dann wieder verdammte ich ihn auf die Bank, oder noch schlimmer, auf die Tribüne: Wenn er unter der dritten Flanke innerhalb von Minuten hindurchsegelte; wenn er nach einer Ecke auf der Linie kleben blieb, statt die Pille im Fünfer runterzupflücken und der gegnerische Stürmer dann dankend einnickte. Bei Okas letztem Spiel für die SGE, im Waldstadion gegen Wolfsburg, war ich wieder vor Ort. Als er in der 66. Minute den Platz wegen einer Verletzung verlassen musste, wusste ich noch nicht, dass sich der Kreis schließen sollte. Gerade hatte er ja seinen Vertrag bei den Adlerträgern um ein Jahr verlängert. Das 0:1 durch Bernhard Winkler an jenem betrüblichen Septembertag im Jahr 1995 war sein Anfang in meiner persönlichen Oka-Historie. Das 0:2 jüngst im Mai von Ekel Diego, das letzte Gegentor, konnte nicht verhindern, dass Nikolov mit einer triumphalen Note für immer in meinem Gedächtnis bleibt: Europacup.

Nun also USAbenteuer, Philadelphia, Operettenliga, Mentor für einen Torhüter namens Zac MacMath. Viel Glück, viele positive Lebenserfahrungen, viele gehaltene Elfmeter und viele gewonnene Eins-gegen-Eins-Situationen, Oka Nikolov.



Sehr schöne Oka-Einleitung, Herr Enkhaamer. An das Spiel im Oly-Stadion kann ich mich auch gut erinnern - und unseren München-Aufenthalt davor. Haben wir damals eigentlich schon Bier getrunken?

Viel Spaß in der Kloake, da behält man wenigstens den Kopf oben  
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Gönn dir lieber noch eine XXL Portion Palatschinken, aber bloß net in den See, du wirst noch gebraucht.

Sehr fein zu lesen und auch noch informativ - das Hochplateau des Niveas ist fast schon beängstigend constant, und du bist sogar drauf  
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Bei dem Oka Rückblick lief es mir eben echt den Rücken runter. Du solltest Seelsorger werden, echt...hast eine grandiose Art zu schreiben und auch, einem bad news fast liebevoll zu überbringen  

Danke für den Bericht.
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Vielen Dank fuer den schoenen Bericht.

Kaum verpflichten wir den Spanier - schont trifft unser Kroate.

Gruss Afrigaaner
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Klasse Berichte! Freue mich schon auf mehr!
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Danke für den Bericht, Enkhaamer!
Wenn Du mir jetzt noch die Trainingszeiten für morgen schickst, geht das nächste Mittagessen auf mich  
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Wiener schrieb:
Danke für den Bericht, Enkhaamer!
Wenn Du mir jetzt noch die Trainingszeiten für morgen schickst, geht das nächste Mittagessen auf mich    


Ich vermute mal wieder so gegen viertel vor zehn.

Erneut ein herzliches danke an Enkhaamer.
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Dankeschön!

Ich sollte doch öfter Trainigs/Trainingslagerberichte lesen  
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Danke schön

...und das mit dem Badesee würde ich lassen, wer weiß was da noch so alles drin rum schwimmt  
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Wahnsinn, habe gestern noch gedacht, wie seltsam es ist die Trainingsberichte ohne Okas Namen zu lesen. Heute schreibst Du praktisch das gleiche.

Danke für die schönen Worte.
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vielen dank.

ich nehme an, dass du am ende des trainingslagers, ein feedback über die spieler abgeben wirst. hier würde mich trapp besonders interessieren.
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Taunusabbel schrieb:
...und das mit dem Badesee würde ich lassen, wer weiß was da noch so alles drin rum schwimmt    


Nuja, der Ex-Bischemer wirds schonmal nicht sein  
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adlerkadabra schrieb:
Taunusabbel schrieb:
...und das mit dem Badesee würde ich lassen, wer weiß was da noch so alles drin rum schwimmt    


Nuja, der Ex-Bischemer wirds schonmal nicht sein  



Das wäre ja auch nicht wirklich schlimm bzw. eklig
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Taunusabbel schrieb:

Das wäre ja auch nicht wirklich schlimm bzw. eklig


Manche sagen so, manche so  ,-)
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Exil-Bischemer schrieb:
Taunusabbel schrieb:

Das wäre ja auch nicht wirklich schlimm bzw. eklig


Manche sagen so, manche so  ,-)  




Ich sach mal so, wenn ich die Wahl zwischen Dir und irgendwelchen Kloakenbazillen hätte, die den Badesee mit mir teilen, fiele mir die Wahl nicht so schwer. (Zwischen Dir und Hugh Jackman sähe das schon wieder anders aus )  
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Wieder mal ein fettes DaZke!
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Danke war wie immer sehr amüsant zu lesen!
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Danke!  


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