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Sterbehilfe

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Ich möchte an dieser Stelke auch noch erhänzen, dass es mich in dieser Diskussion auch verwundert, dass bereits mehrmals die Idee formuliert wurde, dass das helfen beim sterben jemand "müsste".
Natürlich könnte man keinen Arzt dazu zwingen so etwas zu tun. Es wird ja bsow. auch kein Arzt dazu gezwungen Abtreibungen vorzunehmen.
Mir scheint, da werden viele Argumente vorgebracht, die von der eigentlichen Fragestellung wegführen.
Und die heißt: "gehört mein Leben mir und darf ich frei darüber bestimmen"?
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Ich bin nicht der Meinung, dass dies die Kernfrage ist. Sie spielt mit rein, ganz klar. Aber die Entscheidung, das eigene Leben beenden zu wollen stand an sich nicht in Abrede. Allein die Kirche vertrat hier eine Ablehnende Haltung. Es ging doch vielmehr um das "wie". Ob einem Sterbewilligen bei seinem Vorhaben geholfen werden darf, oder nicht, und inwieweit Ärzte diese Hilfe leisten können und wollen. Natürlich wird die betreffende Person durch Versagung eines Mittel gehindert die freie Entscheidung über das eigene Leben auch zu vollziehen, man würde ihr aber nicht versagen ein anderes Mittel zur erzielung des Erfolgs zu nutzen. Das klingt nun sehr kalt, ich hab nur versucht das relativ nüchtern zu betrachten, emotional bin ich da zu befangen, wenn ich das nicht ausblenden würde, könnte ich wohl gar nicht zu diesem Thema antworten.
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Ich möchte an dieser Stelke auch noch erhänzen, dass es mich in dieser Diskussion auch verwundert, dass bereits mehrmals die Idee formuliert wurde, dass das helfen beim sterben jemand "müsste".
Natürlich könnte man keinen Arzt dazu zwingen so etwas zu tun. Es wird ja bsow. auch kein Arzt dazu gezwungen Abtreibungen vorzunehmen.
Mir scheint, da werden viele Argumente vorgebracht, die von der eigentlichen Fragestellung wegführen.
Und die heißt: "gehört mein Leben mir und darf ich frei darüber bestimmen"?
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FrankenAdler schrieb:

Mir scheint, da werden viele Argumente vorgebracht, die von der eigentlichen Fragestellung wegführen.
Und die heißt: "gehört mein Leben mir und darf ich frei darüber bestimmen"?


Ich würde die Frage mit nein beantworten. Wenn man den Menschen auf seinen Kern reduziert, dann muss man die Frage vielleicht mit Ja beantworten. Jean Amery hat ja sinngemäß geschrieben, dass der Suizid ein Ausdruck der Würde des Menschen ist. Allerdings ist der Mensch auch ein soziales Wesen, er ist Familienmitglied, Staatsbürger, Genosse . Er ist, wenn er gläubig ist, auch Teil der Schöpfung. Nein, ich würde sagen, das Leben gehört einem nicht allein, in dem Sinne, dass man niemanden verantwortlich ist. Amery hat in „ Hand an sich legen“ auch geschrieben, dass ein Familienvater, der Angehörige hat, die von ihm abhängen, gegen den Todeswunsch anzukämpfen habe.
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FrankenAdler schrieb:

Mir scheint, da werden viele Argumente vorgebracht, die von der eigentlichen Fragestellung wegführen.
Und die heißt: "gehört mein Leben mir und darf ich frei darüber bestimmen"?


Ich würde die Frage mit nein beantworten. Wenn man den Menschen auf seinen Kern reduziert, dann muss man die Frage vielleicht mit Ja beantworten. Jean Amery hat ja sinngemäß geschrieben, dass der Suizid ein Ausdruck der Würde des Menschen ist. Allerdings ist der Mensch auch ein soziales Wesen, er ist Familienmitglied, Staatsbürger, Genosse . Er ist, wenn er gläubig ist, auch Teil der Schöpfung. Nein, ich würde sagen, das Leben gehört einem nicht allein, in dem Sinne, dass man niemanden verantwortlich ist. Amery hat in „ Hand an sich legen“ auch geschrieben, dass ein Familienvater, der Angehörige hat, die von ihm abhängen, gegen den Todeswunsch anzukämpfen habe.
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Motoguzzi999 schrieb:

FrankenAdler schrieb:

Mir scheint, da werden viele Argumente vorgebracht, die von der eigentlichen Fragestellung wegführen.
Und die heißt: "gehört mein Leben mir und darf ich frei darüber bestimmen"?


Ich würde die Frage mit nein beantworten. Wenn man den Menschen auf seinen Kern reduziert, dann muss man die Frage vielleicht mit Ja beantworten. Jean Amery hat ja sinngemäß geschrieben, dass der Suizid ein Ausdruck der Würde des Menschen ist. Allerdings ist der Mensch auch ein soziales Wesen, er ist Familienmitglied, Staatsbürger, Genosse . Er ist, wenn er gläubig ist, auch Teil der Schöpfung. Nein, ich würde sagen, das Leben gehört einem nicht allein, in dem Sinne, dass man niemanden verantwortlich ist. Amery hat in „ Hand an sich legen“ auch geschrieben, dass ein Familienvater, der Angehörige hat, die von ihm abhängen, gegen den Todeswunsch anzukämpfen habe.

Da sprichst du das Thema Verantwortung an. Natürlich hat der Familienvater Verantwortung gegenüber seiner Familie.
Ich greife den Gedanken auf und gebe ihm Raum zur Entfaltung und lande bei der Frage, ob der gleiche Familienvater das Recht hat, seine Familie zu verlassen, weil er sich in eine andere Frau verliebt hat.
Steht ihm das zu? Also abzuwägen, zwischen seinem Wunsch und Fühlen und seiner Verantwortung?
Und wo beginnt die Grenze, an der wir der sozialen Verantwortung Vorrang vor unserer Freiheit Entscheidungen über die Ausgestaltung unseres Lebens zu treffen geben müssen?
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Motoguzzi999 schrieb:

FrankenAdler schrieb:

Mir scheint, da werden viele Argumente vorgebracht, die von der eigentlichen Fragestellung wegführen.
Und die heißt: "gehört mein Leben mir und darf ich frei darüber bestimmen"?


Ich würde die Frage mit nein beantworten. Wenn man den Menschen auf seinen Kern reduziert, dann muss man die Frage vielleicht mit Ja beantworten. Jean Amery hat ja sinngemäß geschrieben, dass der Suizid ein Ausdruck der Würde des Menschen ist. Allerdings ist der Mensch auch ein soziales Wesen, er ist Familienmitglied, Staatsbürger, Genosse . Er ist, wenn er gläubig ist, auch Teil der Schöpfung. Nein, ich würde sagen, das Leben gehört einem nicht allein, in dem Sinne, dass man niemanden verantwortlich ist. Amery hat in „ Hand an sich legen“ auch geschrieben, dass ein Familienvater, der Angehörige hat, die von ihm abhängen, gegen den Todeswunsch anzukämpfen habe.

Da sprichst du das Thema Verantwortung an. Natürlich hat der Familienvater Verantwortung gegenüber seiner Familie.
Ich greife den Gedanken auf und gebe ihm Raum zur Entfaltung und lande bei der Frage, ob der gleiche Familienvater das Recht hat, seine Familie zu verlassen, weil er sich in eine andere Frau verliebt hat.
Steht ihm das zu? Also abzuwägen, zwischen seinem Wunsch und Fühlen und seiner Verantwortung?
Und wo beginnt die Grenze, an der wir der sozialen Verantwortung Vorrang vor unserer Freiheit Entscheidungen über die Ausgestaltung unseres Lebens zu treffen geben müssen?
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Das ist ein bisschen was anderes, wenn er seine Familie verlässt, verhält er sich nicht vorbildlich, aber er wird nicht aus der Verantwortung entlassen. Er ist z. B. vielleicht unterhaltspflichtig, seine Kinder haben Ansprüche an ihn, auch wenn er die vielleicht nicht erfüllen mag, aber sie existieren. Wenn er sich davon macht, gibt es auch die Ansprüche mangels Adressaten nicht mehr. Ich glaube schon, dass die Vorstellung berechtigt ist, dass man sich nicht alleine gehört. Dieser Gedanke zieht sich doch durch alle Kulturen.
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Motoguzzi999 schrieb:

FrankenAdler schrieb:

Mir scheint, da werden viele Argumente vorgebracht, die von der eigentlichen Fragestellung wegführen.
Und die heißt: "gehört mein Leben mir und darf ich frei darüber bestimmen"?


Ich würde die Frage mit nein beantworten. Wenn man den Menschen auf seinen Kern reduziert, dann muss man die Frage vielleicht mit Ja beantworten. Jean Amery hat ja sinngemäß geschrieben, dass der Suizid ein Ausdruck der Würde des Menschen ist. Allerdings ist der Mensch auch ein soziales Wesen, er ist Familienmitglied, Staatsbürger, Genosse . Er ist, wenn er gläubig ist, auch Teil der Schöpfung. Nein, ich würde sagen, das Leben gehört einem nicht allein, in dem Sinne, dass man niemanden verantwortlich ist. Amery hat in „ Hand an sich legen“ auch geschrieben, dass ein Familienvater, der Angehörige hat, die von ihm abhängen, gegen den Todeswunsch anzukämpfen habe.

Da sprichst du das Thema Verantwortung an. Natürlich hat der Familienvater Verantwortung gegenüber seiner Familie.
Ich greife den Gedanken auf und gebe ihm Raum zur Entfaltung und lande bei der Frage, ob der gleiche Familienvater das Recht hat, seine Familie zu verlassen, weil er sich in eine andere Frau verliebt hat.
Steht ihm das zu? Also abzuwägen, zwischen seinem Wunsch und Fühlen und seiner Verantwortung?
Und wo beginnt die Grenze, an der wir der sozialen Verantwortung Vorrang vor unserer Freiheit Entscheidungen über die Ausgestaltung unseres Lebens zu treffen geben müssen?
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Zugespitzt kann die Verantwortung auch in die andere Richtung gehen. Wäre Sterbehilfe frei verfügbar, könnten sich Menschen aus vermeintlichen Verantwortungsgefühl - etwa um weitere Belastungen bei schwerwiegenden Krebserkrankungen von der Familie fernzuhalten - veranlasst sehen, zu sterben, obwohl sie selbst vielleicht lieber weiterleben wollten.

An dem Extrembeispiel lässt sich m.E. erkennen, dass die Frage der Sterbehilfe über den Radius einer individuellen Entscheidung hinausgeht und im schlechtesten Fall das gesamte Klima einer Gesellschaft verändern kann.

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Das ist ein bisschen was anderes, wenn er seine Familie verlässt, verhält er sich nicht vorbildlich, aber er wird nicht aus der Verantwortung entlassen. Er ist z. B. vielleicht unterhaltspflichtig, seine Kinder haben Ansprüche an ihn, auch wenn er die vielleicht nicht erfüllen mag, aber sie existieren. Wenn er sich davon macht, gibt es auch die Ansprüche mangels Adressaten nicht mehr. Ich glaube schon, dass die Vorstellung berechtigt ist, dass man sich nicht alleine gehört. Dieser Gedanke zieht sich doch durch alle Kulturen.
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Interessant sind auch Gedankenspiele wie diese: Dürfte ich mich als Sklave verkaufen? Darf ich meine Seele verkaufen? Darf ich mich als Opfer für einen Kannibalen anbieten? Wären solche Verträge gültig? Frage an die Juristen...
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Zugespitzt kann die Verantwortung auch in die andere Richtung gehen. Wäre Sterbehilfe frei verfügbar, könnten sich Menschen aus vermeintlichen Verantwortungsgefühl - etwa um weitere Belastungen bei schwerwiegenden Krebserkrankungen von der Familie fernzuhalten - veranlasst sehen, zu sterben, obwohl sie selbst vielleicht lieber weiterleben wollten.

An dem Extrembeispiel lässt sich m.E. erkennen, dass die Frage der Sterbehilfe über den Radius einer individuellen Entscheidung hinausgeht und im schlechtesten Fall das gesamte Klima einer Gesellschaft verändern kann.

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amsterdam_stranded schrieb:

An dem Extrembeispiel lässt sich m.E. erkennen, dass die Frage der Sterbehilfe über den Radius einer individuellen Entscheidung hinausgeht und im schlechtesten Fall das gesamte Klima einer Gesellschaft verändern kann.

Gut, dass du das ansprichst. Genau dies war nämlich ebenfalls ein Vorhalt, den die eine Sterbehilfe ablehnenden Akteure in dem Film vorbrachten. Auch von einem "Dammbruch" war die Rede.
Man bemühte die Statistiken. Und die sagten klar, dass in den Ländern, in denen aktive Sterbehilfe - bekanntlich nur unter bestimmten Voraussetzungen - straffrei ist, sich weder eine Suizidhäufung noch eine spürbar veränderte Einstellung zu Tod, Leben oder Schutz desselben in der Gesellschaft einstellte.
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Das ist ein bisschen was anderes, wenn er seine Familie verlässt, verhält er sich nicht vorbildlich, aber er wird nicht aus der Verantwortung entlassen. Er ist z. B. vielleicht unterhaltspflichtig, seine Kinder haben Ansprüche an ihn, auch wenn er die vielleicht nicht erfüllen mag, aber sie existieren. Wenn er sich davon macht, gibt es auch die Ansprüche mangels Adressaten nicht mehr. Ich glaube schon, dass die Vorstellung berechtigt ist, dass man sich nicht alleine gehört. Dieser Gedanke zieht sich doch durch alle Kulturen.
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Motoguzzi999 schrieb:

Das ist ein bisschen was anderes, wenn er seine Familie verlässt, verhält er sich nicht vorbildlich, aber er wird nicht aus der Verantwortung entlassen. Er ist z. B. vielleicht unterhaltspflichtig, seine Kinder haben Ansprüche an ihn, auch wenn er die vielleicht nicht erfüllen mag, aber sie existieren. Wenn er sich davon macht, gibt es auch die Ansprüche mangels Adressaten nicht mehr. Ich glaube schon, dass die Vorstellung berechtigt ist, dass man sich nicht alleine gehört. Dieser Gedanke zieht sich doch durch alle Kulturen.

Ich weiß nicht. Es ist ja nicht gerade so, dass der Wunsch zu sterben vergleichbar wäre mit dem Wunsch, eine andere Frau zu lieben oder zum Schnitzel statt Pommes lieber Bratkartoffeln zu haben. Es handelt sich hier um eine Entscheidung, wie sie tiefgreifender und endgültiger nicht sein kann. Und da führst du die Verantwortung an, wo eine vielmillionenfache Zahl an Menschen ihre Familien vernachlässigen oder verlassen, ihre Kinder verwahrlosen lassen, ihre Frauen schlagen oder vergewaltigen oder auf sonstige Weise ihrer Verantwortung nicht gerecht werden oder sich ihr gleich ganz entziehen. Der Mensch mit dem Wunsch zu sterben hat sich ihr aber gefälligst zu stellen.
Das entbehrt irgendwie nicht eines gewissen Zynismus, auch wenn ich weiß, dass du das nicht beabsichtigt hast.
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Sterbehilfe ist für Viele ein schwieriges Thema, ich jedoch habe eine klare Meinung dazu:
In unserer immer älter werdenden Gesellschaft muss es möglich sein, unter strengen ethischen und medizinischen Voraussetzungen ein selbstbestimmtes Ende zu wählen.

Hierfür möchte ich eine kurze Geschichte mit euch teilen:
In meiner Familie gibt es ein älteres Ehepaar (Ü80), denen es körperlich immer schlechter ging. Treppenstürze und diverse Notsituationen kamen immer häufiger vor. Wie es in dem Alter eben vorkommt, wenn der Körper abbaut. Dabei waren beide geistig aber noch total fit.
In den beiden reifte der Wunsch heran gemeinsam aus dem Leben zu treten, Hand in Hand. So wie sie ihr ganzes Leben miteinander verbracht haben, denn ohne den anderen wollte keiner sein. Sie fanden aber nirgendwo Unterstützung, was dann nach etwa zwei Jahrenvoller Planung inkl. Testament in einem gescheiterten Versuch mit einer Überdosierung von Medikamenten endete. Daraufhin kamen sie einige Zeit in psychiatrische Behandlung und bauten sowohl körperlich als auch geistig immer mehr ab. Der Wunsch nach dem Tod und die Enttäuschung über den gescheiterten Versuch wurden immer größer. Denn anders als in vielen anderen Fällen war das kein Hilfeschrei einer psychisch belasteten Person. Tja und dann ist genau das passiert was beide um alles in der Welt vermeiden wollten. Einer der beiden starb nach einem Sturz und langem Kampf im Krankenhaus. Der andere lebt nun alleine irgendwie weiter, isoliert sich physisch und psychisch und baut stetig ab, Demenz beginnt. Das wird kein würdiges Ende und alles was sie vermeiden wollten tritt nun ein.

Diese Geschichte macht mich so unfassbar traurig und wütend. Die beiden hatten verdammt nochmal das moralische Recht selbstbestimmt ihre Wege zu gehen. Und ein gewaltsames Ausscheiden wie z.B. sich auf Gleise legen kam für die beiden nicht in Frage. Dafür muss es einfach eine gesetzliche Lösung geben.
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Motoguzzi999 schrieb:

Das ist ein bisschen was anderes, wenn er seine Familie verlässt, verhält er sich nicht vorbildlich, aber er wird nicht aus der Verantwortung entlassen. Er ist z. B. vielleicht unterhaltspflichtig, seine Kinder haben Ansprüche an ihn, auch wenn er die vielleicht nicht erfüllen mag, aber sie existieren. Wenn er sich davon macht, gibt es auch die Ansprüche mangels Adressaten nicht mehr. Ich glaube schon, dass die Vorstellung berechtigt ist, dass man sich nicht alleine gehört. Dieser Gedanke zieht sich doch durch alle Kulturen.

Ich weiß nicht. Es ist ja nicht gerade so, dass der Wunsch zu sterben vergleichbar wäre mit dem Wunsch, eine andere Frau zu lieben oder zum Schnitzel statt Pommes lieber Bratkartoffeln zu haben. Es handelt sich hier um eine Entscheidung, wie sie tiefgreifender und endgültiger nicht sein kann. Und da führst du die Verantwortung an, wo eine vielmillionenfache Zahl an Menschen ihre Familien vernachlässigen oder verlassen, ihre Kinder verwahrlosen lassen, ihre Frauen schlagen oder vergewaltigen oder auf sonstige Weise ihrer Verantwortung nicht gerecht werden oder sich ihr gleich ganz entziehen. Der Mensch mit dem Wunsch zu sterben hat sich ihr aber gefälligst zu stellen.
Das entbehrt irgendwie nicht eines gewissen Zynismus, auch wenn ich weiß, dass du das nicht beabsichtigt hast.
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WuerzburgerAdler schrieb:

Motoguzzi999 schrieb:

Das ist ein bisschen was anderes, wenn er seine Familie verlässt, verhält er sich nicht vorbildlich, aber er wird nicht aus der Verantwortung entlassen. Er ist z. B. vielleicht unterhaltspflichtig, seine Kinder haben Ansprüche an ihn, auch wenn er die vielleicht nicht erfüllen mag, aber sie existieren. Wenn er sich davon macht, gibt es auch die Ansprüche mangels Adressaten nicht mehr. Ich glaube schon, dass die Vorstellung berechtigt ist, dass man sich nicht alleine gehört. Dieser Gedanke zieht sich doch durch alle Kulturen.

Ich weiß nicht. Es ist ja nicht gerade so, dass der Wunsch zu sterben vergleichbar wäre mit dem Wunsch, eine andere Frau zu lieben oder zum Schnitzel statt Pommes lieber Bratkartoffeln zu haben. Es handelt sich hier um eine Entscheidung, wie sie tiefgreifender und endgültiger nicht sein kann. Und da führst du die Verantwortung an, wo eine vielmillionenfache Zahl an Menschen ihre Familien vernachlässigen oder verlassen, ihre Kinder verwahrlosen lassen, ihre Frauen schlagen oder vergewaltigen oder auf sonstige Weise ihrer Verantwortung nicht gerecht werden oder sich ihr gleich ganz entziehen. Der Mensch mit dem Wunsch zu sterben hat sich ihr aber gefälligst zu stellen.
Das entbehrt irgendwie nicht eines gewissen Zynismus, auch wenn ich weiß, dass du das nicht beabsichtigt hast.

Ich wollte eigentlich auch gar nicht von Verantwortung reden, Verantwortung entsteht aus Freiheit, die Übernahme von Verantwortung kann man ablehnen. Ich meinte eher Pflicht. Ausgangspunkt war ja, dass ich meinte, das Leben gehöre einem nicht in selbst, in dem Sinne, dass man damit machen kann, was man möchte.
Dieser Gedanke kommt an vielen Stellen zum Ausdruck, wenn etwa der Staat von dir verlangt, dein Leben für das Vaterland zu opfern, in der Pflicht deinen Kindern gegenüber oder als Mitglied einer christlichen Kirche. Auch wenn man das nicht für gut heißt, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass diese Vorstellungen existieren und mit bedacht werden müssen. Für einen gläubigen Katholiken ist es bestimmt ein Konflikt, wenn er sich zwischen der Kirche und seinem Wunsch zu sterben entscheiden muss. Nicht, dass ich auch so denken würde, aber pauschal zu behaupten, es sei so, dass man autonom über sein Leben bestimmen könne, ist eben nur eine (und darüber hinaus sehr moderne) Sichtweise. Und die vielen Pflichtvergessenen, die du anführst, entlasten ja nicht den Mensch mit dem Wunsch zu sterben.
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WuerzburgerAdler schrieb:

Motoguzzi999 schrieb:

Das ist ein bisschen was anderes, wenn er seine Familie verlässt, verhält er sich nicht vorbildlich, aber er wird nicht aus der Verantwortung entlassen. Er ist z. B. vielleicht unterhaltspflichtig, seine Kinder haben Ansprüche an ihn, auch wenn er die vielleicht nicht erfüllen mag, aber sie existieren. Wenn er sich davon macht, gibt es auch die Ansprüche mangels Adressaten nicht mehr. Ich glaube schon, dass die Vorstellung berechtigt ist, dass man sich nicht alleine gehört. Dieser Gedanke zieht sich doch durch alle Kulturen.

Ich weiß nicht. Es ist ja nicht gerade so, dass der Wunsch zu sterben vergleichbar wäre mit dem Wunsch, eine andere Frau zu lieben oder zum Schnitzel statt Pommes lieber Bratkartoffeln zu haben. Es handelt sich hier um eine Entscheidung, wie sie tiefgreifender und endgültiger nicht sein kann. Und da führst du die Verantwortung an, wo eine vielmillionenfache Zahl an Menschen ihre Familien vernachlässigen oder verlassen, ihre Kinder verwahrlosen lassen, ihre Frauen schlagen oder vergewaltigen oder auf sonstige Weise ihrer Verantwortung nicht gerecht werden oder sich ihr gleich ganz entziehen. Der Mensch mit dem Wunsch zu sterben hat sich ihr aber gefälligst zu stellen.
Das entbehrt irgendwie nicht eines gewissen Zynismus, auch wenn ich weiß, dass du das nicht beabsichtigt hast.

Ich wollte eigentlich auch gar nicht von Verantwortung reden, Verantwortung entsteht aus Freiheit, die Übernahme von Verantwortung kann man ablehnen. Ich meinte eher Pflicht. Ausgangspunkt war ja, dass ich meinte, das Leben gehöre einem nicht in selbst, in dem Sinne, dass man damit machen kann, was man möchte.
Dieser Gedanke kommt an vielen Stellen zum Ausdruck, wenn etwa der Staat von dir verlangt, dein Leben für das Vaterland zu opfern, in der Pflicht deinen Kindern gegenüber oder als Mitglied einer christlichen Kirche. Auch wenn man das nicht für gut heißt, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass diese Vorstellungen existieren und mit bedacht werden müssen. Für einen gläubigen Katholiken ist es bestimmt ein Konflikt, wenn er sich zwischen der Kirche und seinem Wunsch zu sterben entscheiden muss. Nicht, dass ich auch so denken würde, aber pauschal zu behaupten, es sei so, dass man autonom über sein Leben bestimmen könne, ist eben nur eine (und darüber hinaus sehr moderne) Sichtweise. Und die vielen Pflichtvergessenen, die du anführst, entlasten ja nicht den Mensch mit dem Wunsch zu sterben.
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Ich verstehe natürlich, was du meinst und möchte dem auch gar nicht widersprechen.

Aber nochmal: schau dir das Beispiel von sonofanarchy an. Menschen, die aus dem Leben scheiden wollen, sind (abgesehen von Spontanselbsttötungen in emotionalen Ausnahmesituationen) eben genau diese. Sein Beispiel ist der Klassiker schlechthin, neben unheilbaren Krankheiten. Da geht es nicht um Verantwortung, da geht es um ein selbstbestimmtes Sterben nach einem langen, erfüllten Leben.

Und nachdem die Spontanaktionen nach emotionalen Ausnahmesituationen ja ausgeschlossen sind, bleibt von der Verantwortung nicht mehr viel übrig. Nur noch Ethik/Moral/Glaube vs. Selbstbestimmung.
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OK, das ist ein Argument. Man denke auch an die traumatisierten Zugführer.

Aber doch eigentlich ein Grund, die aktive Sterbehilfe für ein humanes Sterben nicht mehr unter Strafe zu stellen - eben um solche "Brutalselbsttötungen" zu vermindern, vor allem wenn dadurch Dritte in Mitleidenschaft gezogen werden?
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An dieser Stelle möchte ich mal kurz einhaken. Ich denke man kann das Thema Suizid nicht mit dem Thema der aktiven Sterbehilfe vermengen.

Denn bei einem Suizid handelt es sich doch in der Regel um eine Kurzschlußhandlung. Kurzschluß in dem Sinne, als dass man seine Entscheidung zur Selbsttötung durch Suizid ad hoc trifft, sprich dieser Handlung (Versuch) kein wirklicher Denkprozess mehr vorausgeht. Zumindest habe ich das aus eigener Erfahrung so "erlebt". Der Entschluss resp. der Vollzug des Suizids ist doch zumeist sehr kurzfristig anberaumt und wie bereits oben erwähnt, die rationale Denke dabei völlig ausgeblendet.

Mir ist aber durchaus bewusst, dass man damit zwangsläufig auch dritte in Mitleidenschaft zieht. Ich habe z.B. darüber schon oft mit meinem Vater diskutiert. Mein Vater war Lokführer und hat in seiner Laufbahn leider zwei Suizide erfahren müssen. Unsere Diskussionen haben irgendwann dazu geführt, dass mein Vater mehr Verständnis für die Suizidopfer aufbringen konnte und dadurch seine Traumata auch etwas besser verarbeiten konnte.

Aus diesem Grund würde ich eine Suizidhandlung auch nicht als asozial oder als "Brutalselbsttötungen" bezeichnen wollen.
Dies aber nur kurz als Einwand am Rande und ich möchte darüber jetzt auch keine großartige Diskussion entfachen.
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Adlerdenis schrieb:

Das will ja hier niemand. Meine Einlassung bezog sich ja darauf, dass die Leute laut Würzi psychisch gesund sein müssen.

Nein. Ich ging nur auf den Film ein, der einen vollkommen gesunden Menschen zeigte, der sterben möchte. Gerade (vermutlich), um die Problematik von den gängigen Indikationen (unheilbar krank etc.) freizumachen.

Ich glaube nicht, dass eine psychische Erkrankung diesem Wunsch im Wege steht. So lange sie - und das ist die entscheidende Einschränkung - die Entscheidungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.

Adlerdenis schrieb:

Ansonsten bin ich, wie gesagt, der Ansicht, dass Leben an sich schützenswert ist, und tue mich daher mit der Vorstellung, körperlich gesunde Menschen medizinisch zu töten, naturgemäß sehr schwer.
Das ist aber nur eine persönliche, rein emotionale Meinung. Ich maße mir nicht an, über sowas entscheiden zu können, und bin sehr froh, dass ich das auch nicht muss.

Ich denke, der Ansicht, dass das Leben an sich schützenswert ist, sind wir alle. Wir müssen auch nicht darüber entscheiden, ob jemand sterben soll - diese Entscheidung trifft ja der Mensch, der sterben möchte. Es geht einzig und allein darum, wem das eigene Leben "gehört" und wer auch dessen Ende frei wählen darf. Und ob man ihm dabei helfen kann.
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WuerzburgerAdler schrieb:

Nein. Ich ging nur auf den Film ein, der einen vollkommen gesunden Menschen zeigte, der sterben möchte. Gerade (vermutlich), um die Problematik von den gängigen Indikationen (unheilbar krank etc.) freizumachen.

Ich glaube nicht, dass eine psychische Erkrankung diesem Wunsch im Wege steht. So lange sie - und das ist die entscheidende Einschränkung - die Entscheidungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.

Du schriebst: "so wie ich das verstanden habe, können psychisch Kranke nicht darauf hoffen, Ärzte zu finden, die sie straffrei vom Leben befreien werden."
Das habe ich jetzt so verstanden, dass geistige Gesundheit - zumindest laut dem Film - eine Grundvoraussetzung wäre.

WuerzburgerAdler schrieb:

Ich denke, der Ansicht, dass das Leben an sich schützenswert ist, sind wir alle. Wir müssen auch nicht darüber entscheiden, ob jemand sterben soll - diese Entscheidung trifft ja der Mensch, der sterben möchte. Es geht einzig und allein darum, wem das eigene Leben "gehört" und wer auch dessen Ende frei wählen darf. Und ob man ihm dabei helfen kann.

Das ist eine schwierige Grundsatzfrage, die ich auch nicht beantworten kann. Ich persönlich bin da aber schon bei Amsterdam, dass mir eine Reduzierung auf eine rein persönliche Entscheidung da zu kurz greift, und auch bei Guzzi, dass uns unser Leben aufgrund unserer familiären und gemeinschaftlichen Verantwortung eben nicht ganz alleine gehört.  
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WuerzburgerAdler schrieb:

Nein. Ich ging nur auf den Film ein, der einen vollkommen gesunden Menschen zeigte, der sterben möchte. Gerade (vermutlich), um die Problematik von den gängigen Indikationen (unheilbar krank etc.) freizumachen.

Ich glaube nicht, dass eine psychische Erkrankung diesem Wunsch im Wege steht. So lange sie - und das ist die entscheidende Einschränkung - die Entscheidungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.

Du schriebst: "so wie ich das verstanden habe, können psychisch Kranke nicht darauf hoffen, Ärzte zu finden, die sie straffrei vom Leben befreien werden."
Das habe ich jetzt so verstanden, dass geistige Gesundheit - zumindest laut dem Film - eine Grundvoraussetzung wäre.

WuerzburgerAdler schrieb:

Ich denke, der Ansicht, dass das Leben an sich schützenswert ist, sind wir alle. Wir müssen auch nicht darüber entscheiden, ob jemand sterben soll - diese Entscheidung trifft ja der Mensch, der sterben möchte. Es geht einzig und allein darum, wem das eigene Leben "gehört" und wer auch dessen Ende frei wählen darf. Und ob man ihm dabei helfen kann.

Das ist eine schwierige Grundsatzfrage, die ich auch nicht beantworten kann. Ich persönlich bin da aber schon bei Amsterdam, dass mir eine Reduzierung auf eine rein persönliche Entscheidung da zu kurz greift, und auch bei Guzzi, dass uns unser Leben aufgrund unserer familiären und gemeinschaftlichen Verantwortung eben nicht ganz alleine gehört.  
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Adlerdenis schrieb:

Du schriebst: "so wie ich das verstanden habe, können psychisch Kranke nicht darauf hoffen, Ärzte zu finden, die sie straffrei vom Leben befreien werden."
Das habe ich jetzt so verstanden, dass geistige Gesundheit - zumindest laut dem Film - eine Grundvoraussetzung wäre.

Da sieht man mal wieder, wie kompliziert die Thematik ist.
Einigen wir uns auf "Entscheidungsfähigkeit". Im Film wurde großer Wert darauf gelegt, dass der Sterbewillige keine gesundheitliche Einschränkungen hat, auch keine psychische. Dies habe ich zunächst so interpretiert, dass eine psychische Erkrankung eine straffreie Sterbehilfe verhindert.
Inzwischen sehe ich das anders, auch aus den Beiträgen von FA heraus. Der Film wollte wohl ein Extrembeispiel eines vollkommen gesunden Menschen, der aus dem Leben scheiden will, darstellen, um von den üblichen Indikationen (unheilbar krank etc.) wegzukommen und zu einer Grundsatzfrage ("wem gehört das eigene Leben") zu gelangen.

Zur familiären und gesellschaftlichen Verantwortung habe ich mich ja schon geäußert. Und weiter oben wurde ja auch angeführt, dass dies dann auch umgekehrt werden könnte (gesellschaftliche + familiäre Verantwortung = sterben, um die Gesellschaft/Familie vor Kosten, Pflege etc. zu bewahren).
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WuerzburgerAdler schrieb:

Nein. Ich ging nur auf den Film ein, der einen vollkommen gesunden Menschen zeigte, der sterben möchte. Gerade (vermutlich), um die Problematik von den gängigen Indikationen (unheilbar krank etc.) freizumachen.

Ich glaube nicht, dass eine psychische Erkrankung diesem Wunsch im Wege steht. So lange sie - und das ist die entscheidende Einschränkung - die Entscheidungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.

Du schriebst: "so wie ich das verstanden habe, können psychisch Kranke nicht darauf hoffen, Ärzte zu finden, die sie straffrei vom Leben befreien werden."
Das habe ich jetzt so verstanden, dass geistige Gesundheit - zumindest laut dem Film - eine Grundvoraussetzung wäre.

WuerzburgerAdler schrieb:

Ich denke, der Ansicht, dass das Leben an sich schützenswert ist, sind wir alle. Wir müssen auch nicht darüber entscheiden, ob jemand sterben soll - diese Entscheidung trifft ja der Mensch, der sterben möchte. Es geht einzig und allein darum, wem das eigene Leben "gehört" und wer auch dessen Ende frei wählen darf. Und ob man ihm dabei helfen kann.

Das ist eine schwierige Grundsatzfrage, die ich auch nicht beantworten kann. Ich persönlich bin da aber schon bei Amsterdam, dass mir eine Reduzierung auf eine rein persönliche Entscheidung da zu kurz greift, und auch bei Guzzi, dass uns unser Leben aufgrund unserer familiären und gemeinschaftlichen Verantwortung eben nicht ganz alleine gehört.  
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Adlerdenis schrieb:

Das ist eine schwierige Grundsatzfrage, die ich auch nicht beantworten kann. Ich persönlich bin da aber schon bei Amsterdam, dass mir eine Reduzierung auf eine rein persönliche Entscheidung da zu kurz greift, und auch bei Guzzi, dass uns unser Leben aufgrund unserer familiären und gemeinschaftlichen Verantwortung eben nicht ganz alleine gehört.  


In der Tat schwierig. Die eine Antwort, die alle Fragen klärt, wird es wahrscheinlich nicht geben. Dafür gibt es zu allein schon zu viele unterschiedliche Sichtweisen hierzu. Aber man kann ja zumindest seinen eigenen Standpunkt darlegen und mal schauen, wie am Ende das Meinungsbild aussieht.

Was den Punkt von amsterdam betrifft sehe ich die Verantwortung, den Umgang der Gesellschaft mit einer solchen frei verfügbaren Maßnahme zu klären aber eben auch bei dieser. Womit wir wieder bei den Voraussetzungen wären, unter denen die Sterbehilfe tatsächlich gewährt werden kann. Einem einzelnen Individuum hier die Verantwortung für gesellschaftliche Auswirkungen zu geben ist m.E. etwas, was gar nicht geleistet werden kann und aus meiner rein subjektiven Sichtweise auch nicht geleistet werden sollte. Das man als einzelner an dem gesellschaftlichen Diskurs dazu teilnehmen sollte wäre hingegen wünschenswert.

Motoguzzi999 schrieb:

Ich meinte eher Pflicht. Ausgangspunkt war ja, dass ich meinte, das Leben gehöre einem nicht in selbst, in dem Sinne, dass man damit machen kann, was man möchte.

Den Gedankengang kann ich nachvollziehen, dennoch teile ich die Sichtweise nicht. Meines Erachtens kann man das sehr wohl, wenn man es für notwendig erachtet.

Motoguzzi999 schrieb:

Dieser Gedanke kommt an vielen Stellen zum Ausdruck, wenn etwa der Staat von dir verlangt, dein Leben für das Vaterland zu opfern, in der Pflicht deinen Kindern gegenüber oder als Mitglied einer christlichen Kirche. Auch wenn man das nicht für gut heißt, ist es nicht von der Hand zu weisen, dass diese Vorstellungen existieren und mit bedacht werden müssen.


Man kann durchaus sagen, das es hier Punkte gibt, die valide erscheinen. Aber ich stelle mir letzten Endes doch die Frage, inwieweit diese tatsächlich so zum Tragen kommen.  Es mag legitime Ansprüche von außen an ein Individuum geben, das alleine stellt m.E. aber kein Verfügungsrecht (auch nicht teilweise) über das Leben eines Menschen dar. Wie ein Mensch damit umgeht, ist immer noch eine Entscheidung dieser Person.

Und sobald es um eine endgültige Entscheidung wie die Beendigung des eigenen Lebens geht frage ich mich, inwieweit es hier wirklich noch legitime Anforderungen von außen geben kann. Mit welchem Recht darf eine dritte Person hier einwirken, wenn ein Mensch sich zu diesem Schritt entschließt?

Ich gestehe hier natürlich niemand grundsätzlich absolute Narrenfreiheit in seinem Handeln zu. Das unbeteiligte Dritte durch den Suizid an sich in Mitleidenschaft gezogen werden ist inakzeptabel. Dabei geht es dann aber nicht um das „Was“ sondern das „Wie“. Die Entscheidung selbst muss ein Mensch aber alleine treffen können sofern er oder sie dazu eben in der Lage ist, unabhängig von äußeren Bedingung. Was man dann in seine Entscheidung einfließen lässt, muss man mit sich selbst ausmachen.

Natürlich hat ein solcher Tod Auswirkungen auf die Menschen, die einem nahestehen. Aber wenn wir von Sterbehilfe im Falle von gesundheitlichen Problemen reden, frage ich mich, warum sich dieser Mensch dann weiter täglich quälen muss, nur damit sein Umfeld nicht mit seinem Tod konfrontiert wird. Da wäre diese Maßnahme nicht egoistisch, eher die Erwartungshaltung des Umfelds.

Und bei einer Selbsttötung aus anderen Gründen ist die Fragestellung ähnlich. Wieviel Leid muss ein Mensch ertragen, was kann man jemand zumuten, nur damit er anderen keinen Schaden zufügt? Das Problem hier ist einfach, das wir diesen Schmerz nicht sehen können, er ist nicht greifbar, und doch ist er da. Nur diese Person alleine weiß, wie groß das Leid ist. Und wie lange man es aushalten kann. Kommt man zu dem Punkt, an dem es nicht mehr geht, dann geht es eben nicht mehr. Und wenn ein Mensch dann als bewusste Entscheidung  für sich diesen Weg wählt, dann hat er meines Erachtens auch das Recht dazu.

Wenn man sich an den Tod von Robert Enke erinnert, dann kann man mit Sicherheit sagen, das er sich eher zu viele als zu wenige Gedanken um seine Mitmenschen gemacht hat. Und er war sich sehr wahrscheinlich auch der Folgen bewusst war, die sein Tod für sein Umfeld hatte, schließlich hat er sich in seinem Abschiedsbrief dafür entschuldigt, das er in seinen letzten Wochen alle über seinen wahren Zustand getäuscht hatte. Und dennoch hat er diese Entscheidung getroffen. Nicht im Affekt, sondern geplant, nach Abwägung aller Argumente. An einem Punkt in seinem Leben, an dem er nach all den Therapien, dem Zuspruch seiner Familie und der öffentlichen Anerkennung als Fussballer, die ihm aufgrund seiner Leistung und seiner Persönlichkeit zuteil wurde, trotzdem keinen Ausweg mehr gesehen hat.

Auf welcher Grundlage hätte man ihm dieses Recht, sich so zu entscheiden, nehmen sollen, wenn man es gekonnt hätte? So traurig mich sein Tod noch heute macht, ich habe keine Antwort darauf…


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